Wenn in "God's own Country" gewählt wird, dürfen Fünf schon einmal gerade sein. Das klappte vor ein paar Jahren hervorragend, als ein Präsidentensohn Präsident wurde. Nun sollte sogar via Internet gewählt werden. Doch nun ist Schluss damit.
Soldaten diesmal nicht in, sondern an die Urne: Das "Secure Electronic Registration and Voting Experiment", kurz Serve sollte es US-Armisten rund um den Globus erlauben, im Herbst dieses Jahres ihren Präsidenten zu wählen. Eine Sache mit Gewicht, schließlich hätten so eine Million US-Bürger ihrer demokratischen Pflicht nachkommen können. Katastrophe vorprogrammiert, urteilte eine Expertenkommission, die Serve im Auftrag der Regierung unter die Lupe nahm. Das System sei fehlerhaft, löchrig wie ein Schweizer Käse und ideales Terrain für Manipulationen. Fazit: keine Chance für Serve.
Das aber war ganz und gar nicht im Sinn des auftraggebenden Pentagons. Trojaner hin, Hacker her – die US-Militärs wollten das Onlinesystem im Herbst einsetzen. Zufrieden sei man mit Serve, und zwar so, wie es "jetzt ist", sagte ein Ministeriumssprecher, auch wenn sichere Wahlsysteme "grundsätzlich unmöglich" seien. Doch frei nach Adenauer - kein Mitarbeiter des Pentagon, sondern erster Kanzler der Bundesrepublik - interessiert nunmehr keinen das Geschwätz von gestern. Wegen erheblicher Sicherheitsbedenken blies Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz die E-Wahl kurzerhand ab.
Thomas Hirschbiegel
Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das H der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.
Rund 22 Millionen Dollar für ein wackliges Onlinesystem in den Sand gesetzt. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zwar nur Peanuts, aber politisch eine weitere Pleite, die dem ohnehin angeschlagenen Präsidenten denkbar ungelegen kommt. Mit der Heerschar potenziell linientreuer Soldaten hätten sich George W. Bushs Wahlhelfer das Manipulieren von Stimmenzählgeräten und -zetteln womöglich sparen können. Nun steht zu befürchten, dass Bushs Bruder, Gouverneur in Florida, wie schon bei der vergangenen Präsidentenwahl in die Bresche springen muss. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Wahlhelfer beim Manipulieren der Stimmverteilung so oft vertun, bis am Ende wieder das tatsächliche Ergebnis herauskommt.
Der verpasste Sprung in die Zukunft hat einen weiteren Verlierer: Accenture, weltweit operierender Internetdienstleister, Hauptentwickler von Serve und auch hierzulande bekannt für nicht unumstrittene Onlinelösungen.