Editorial Ausgezeichnet: Deutschlands beste Schule

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Seit dem Pisa-Schock diskutieren Politiker und Wissenschaftler, wie eine zukunftsweisende Schule aussehen könnte. Dabei gibt es solche Lehrstätten hierzulande schon, mit ganz unterschiedlichen Konzepten. Es kennt sie bloß kaum jemand. Um dies zu ändern, haben sich die Robert-Bosch- und die Heidehof-Stiftung in Kooperation mit dem ZDF und dem stern entschlossen, jedes Jahr den "Deutschen Schulpreis" an herausragende Schulen zu vergeben - dotiert mit 50000 Euro. Am Montag hat Bundespräsident Horst Köhler in Berlin den ersten Preisträger gekürt: die Grundschule Kleine Kielstraße in Dortmund.

Die Suche nach den Besten soll dazu beitragen, ein Reform-Netzwerk aufzubauen. Die Ausgezeichneten sollen ihre Erfahrungen an andere Schulen weitergeben. 481 Schulen aus ganz Deutschland hatten sich für den ersten Wettstreit beworben. Am Ende entschied sich die Jury, besetzt mit elf namhaften Wissenschaftlern, einstimmig für die Dortmunder Grundschule. Sie liegt mitten in einem sozialen Brennpunkt, 83 Prozent der Schüler sind ausländischer Herkunft, viele Kinder stammen aus sozial schwierigen Verhältnissen. Umso bemerkenswerter der schulische Erfolg, der auf einem umfassenden Lehrkonzept beruht, das auch die Eltern und den Stadtteil einbindet. stern-Redakteurin Catrin Boldebuck und Fotograf Matthias Jung beobachteten den Unterricht in der Kleinen Kielstraße, nahmen an Teamsitzungen der Lehrer teil und sprachen mit Eltern und Schülern. Ihre Reportage über ein vorbildhaftes Schulprojekt beginnt auf Seite 150.

Bundesjustizministerin Zypries will das Abhören von Rechtsanwälten und Ärzten und auch von Journalisten erschweren. Nur nach "sorgfältiger Verhältnisabwägung" darf überwacht werden, die Schwere der Straftat müsse gegen die Pressefreiheit abgewogen werden. Und es soll auch nicht mehr "irgendein Amtsrichter vom Lande", so Brigitte Zypries, eine Telefonüberwachung anordnen dürfen. Wie überfällig diese Einsicht ist, zeigt der kürzlich bekannt gewordene Lauschangriff auf stern- und ZDF-Journalisten. Ein Amtsrichter hatte auf Antrag der Münchner Staatsanwaltschaft verfügt, das Telefon des Ulmer Rechtsanwalts Gnjidic anzuzapfen. Er vertritt den von CIA-Agenten entführten deutschen Staatsbürger Khaled el-Masri.

Offizielles Ziel der Staatsanwälte: seine Entführer zu finden. Da man nicht davon ausgehen kann, dass sich die persönlich bei Masris Anwalt gemeldet hätten, liegt der Verdacht nahe, dass die Strafverfolger eher an Journalisten-Informationen interessiert waren. Motto: Mal schauen, was die Reporter so recherchiert haben. Monatelang wurde abgehört, die meisten Mitschnitte wurden jedoch gelöscht, nur sechs (!) Protokolle landeten in den Ermittlungsakten. Darunter von einem Telefonat des Anwalts mit einem ZDF-Journalisten sowie insgesamt drei mit stern-Reporter Hans-Martin Tillack und stern-Korrespondentin Katja Gloger in Washington.

Dass Pressefreiheit und Informantenschutz besonders schützenswerte Güter in unserem Rechtsstaat sind, sollte eigentlich vor allem Richtern und Staatsanwälten klar sein. Die Presse kann ihrer Aufgabe nur gerecht werden, wenn sie und ihre Informanten vor staatlicher Schnüffelei sicher sind! Richter und Staatsanwälte, die daran Zweifel haben, gefährden den Rechtsstaat, den sie schützen sollen.

Herzlichst Ihr

Andreas Petzold

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