Editorial Der Verbraucher hat ein Recht auf Aufklärung

Liebe stern-Leser!

Beinahe zwei Jahre ist es her, seit der stern den ersten Fleischskandal im bayerischen Deggendorf aufdeckte. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Ein paar Betrüger wurden verurteilt, verschärfte Kontrollen deckten neue Skandale auf, einige Firmen wurden geschlossen und neue Gesetze auf den Weg gebracht. Und doch gleicht der jetzige Skandal dem ersten: Wieder wurden Frachtzettel abgerissen, neue angebracht und das Gammelzeug bei Döner und Wurst unauffällig druntergemischt. Damals wie heute sind klingende Namen der Lebensmittelbranche im Spiel, die sich die Behörden nicht öffentlich zu nennen trauen. Das ist nach geltendem Recht nur möglich, wenn akute Vergiftungsgefahr droht. Auch das neue Verbraucherinformationsgesetz, das demnächst im Bundesrat verabschiedet wird, ändert daran nichts. Und so werden die Schweinereien im Schutze der Anonymität weitergehen. Dabei sind sich fast alle Experten einig: Nur wenn im Skandalfall rigoros die Namen aller Beteiligten publik werden, ist Besserung zu erwarten. Denn vom großen Händler bis zum kleinen Imbissbudenbesitzer: Den Zorn des aufgeklärten Verbrauchers fürchten alle mehr als den Staatsanwalt.

Weil das öffentliche Interesse an der Namensnennung also groß ist, hat stern-Redakteur Georg Wedemeyer nicht nur die Spur des Fleisches akribisch verfolgt (Seite 26: "Die Döner- Mafia"). Der stern nennt diesmal auch die Namen der Beteiligten. Damit ist keine Schuldzuweisung verbunden. Sicher gehört mancher der Genannten selbst zu den Betrogenen. Doch dem Verbraucher muss es egal sein, ob ihm das Gammelfleisch wissentlich oder unwissentlich untergeschoben wird. Es schmeckt in beiden Fällen gleich ekelig.

Millionen Menschen leiden unter Stress. Er kann zur gefährlichen Krankheit werden, die Körper und Geist abnutzt und dem Leben viele Jahre raubt: Gedächtnis und Konzentration leiden, der Blutdruck steigt dauerhaft, Herz und Kreislauf sind bedroht. Wie das genau abläuft, haben die Professoren Clemens Kirschbaum aus Dresden und Joachim Fischer aus Mannheim gemeinsam mit stern-Mitarbeiterin Katharina Kluin für die Titelgeschichte dieses Hefts dokumentiert: 17 ausgewählte Freiwillige wurden dazu mit einem Langzeit-EKG versehen und gaben mehrmals täglich Speichelproben ab, aus denen sich das Stresshormon Cortisol bestimmen lässt. Das Spektrum reichte vom Manager, der das Auf und Ab der Erregung geradezu angenehm findet, bis hin zur Tochter einer Alzheimerkranken, die durch die aufreibende Pflege der Mutter dauerhaft zermürbt wird. In sechs Serien-Teilen widmen wir uns von dieser Woche an der Volkskrankheit Stress. Wir erklären, wie Stress funktioniert, weshalb er auftritt und mit welchen Mitteln Sie ihm am besten begegnen: vom aktiven Ausgleich durch Sport über die bewährtesten Entspannungstechniken bis hin zur Notfall-Intervention mit ärztlicher und medikamentöser Hilfe. Sie selbst können Ihre Belastungssituation jederzeit analysieren: www.stern.de/stresstest liefert Ihnen das individuelle Testergebnis per E-Mail.

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn

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