Verbraucherinformationsgesetz Wissen, was drin steckt

  • von Karin Spitra
Gammelfleisch im Döner, Fleischabfälle in Würsten, neue Etiketten auf altem Hack. 2005 war das Jahr des Ekels für die Verbraucher. Mit einem neuen Gesetz soll alles besser werden. Auch nicht mehr als eine Mogelpackung, sagen Experten.

Als Konsequenz aus den verschiedenen Fleischskandalen im vergangenen Jahr möchte die Bundesregierung ein Gesetz auf den Weg bringen, das Verbrauchern ein Recht auf mehr Informationen verschafft. Wann wurde das Fleisch verpackt und von wem? Wie lange ist es haltbar und was ist drin?

Bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht und bei Gesundheitsgefahren soll das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) den Bürgern einen bundesweit einheitlichen Anspruch auf diese Informationen sichern. "Ross und Reiter" sollen genannt werden, damit die Verbraucher eine Entscheidungsgrundlage hätten, ob sie noch Produkte der Firma XY kaufen wollten.

Keine Stärkung der Verbraucherrechte

Doch der von Verbraucherschutz- und Agrarminister Horst Seehofer präsentierte Gesetztesentwurf blieb weit hinter der angestrebten Offenheit zurück. Das zumindest meint Thilo Bode, Geschäftsführer des Vereins Foodwatch, der sich als Kampagnenmacher für die Rechte der Verbraucher versteht. Seiner Meinung nach wird das VIG die Verbraucherrechte der Bürger nicht stärken.

Das fängt laut Bode schon mit der mangelnden Zeitaktualität an: "Was nützt es dem Verbraucher, der ein vergammeltes Schnitzel gekauft hat, wenn er erst Wochen später darüber informiert wird?" Und es gäbe zu viele Ausnahmen. "Am wichtigsten ist aber," so Bode, "dass das Gesetz nicht vorschreibt, dass Veröffentlichung vor Geheimhaltung geht."

Denn nach dem Gesetzesentwurf sollen die Behörden zwar die Öffentlichkeit bei Rechtsverstößen oder einer Gefährdung der Gesundheit - wie dem Handel mit verdorbenem Fleisch - von sich aus informieren. Aber eine Behörde kann nach dem Gesetz ebenso die Auskünfte verweigern, wenn sich Unternehmen auf Betriebsgeheimnisse oder sensible Firmendaten berufen.

Unternehmensinteressen gehen vor

In der Praxis könnte die Klausel für den Konsumenten unschöne Auswirkungen haben: "Sie dürfen nicht die Ergebnisse von Lebensmittelproben erfahren. Sie dürfen nicht erfahren, in welchen Produkten Gammelfleisch gelandet ist oder wo Ihre Milch herkommt," zählt Bode auf. "Oder Acrylamid, das im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen: Sie dürfen zum Beispiel nicht wissen, wie viel davon im Lebkuchen ist, den Sie zu Weihnachten kaufen. Das werden Sie vom Ministerium nicht erfahren, vom Hersteller nicht - und auch nach dem neuen Gesetz nicht."

Foodwatch - Die Essensretter

Die Rechtsanalyse des Vereins steht als PDF-Dokument steht für Interessierte auf der foodwatch-Internetseite zur Verfügung.
Unter www.ess-wissen.de können Verbraucher einen Aufruf unterzeichnen, um das Gesetz nachzubessern.

Doch es gibt auch Verbesserungen - wenn auch nur marginale. Es heiße es jetzt: Im Fall einer Gesundheitsgefährdung solle die Öffentlichkeit informiert werden. "Da ist aus einer 'Kann'- eine 'Soll'-Bestimmung geworden - das sei aber schon alles", sagt Bode.

Man hätte ihm sogar aus dem Verbraucherministerium bestätigt, dass es das Gesetz nur aus politischen Opportunitätsüberlegungen gäbe. "Die haben gesagt: Ein Gesetz zu haben ist besser als keins, auch wenn es wenig bewirkt," erzählt Bode. Und findet: "Das sei eine sehr zynische Auffassung von Demokratie."

Mitarbeit: Lutz Kinkel, Niels Kruse

PRODUKTE & TIPPS