Editorial Die größte Sorge sind steigende Preise

Liebe stern-Leser!

Als unsere Meinungsforscher die Menschen kurz vor Weihnachten fragten, was für sie die drei wichtigs- ten Ereignisse 2007 waren, da fiel den meisten absolut nichts ein. Und wenn, dann waren es zumeist ganz persönliche Höhepunkte wie eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes oder eine schöne Urlaubsreise. Der Klimawandel hat die Leute noch ein wenig beschäftigt und das Auftreten von Angela Merkel auf der weltpolitischen Bühne – aber das war’s dann auch schon. Der Rückzug ins Private, den Trend- forscher überall beobachten, wird sicherlich gefördert durch die weitverbreitete Enttäuschung darüber, dass die Große Koalition nichts mehr zustande bringt, durch die Wut über raffgierige Manager und durch die allseits zu beobachtende, größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich.

Was die Deutschen jedoch am meisten besorgt, ist die Inflation. Wer in den Supermarkt oder zur Tankstelle geht, hat das Gefühl, alles werde täglich teurer. Aber stimmt das tatsächlich? Der stern hat über fast zwei Jahre hinweg Dutzende Produkte beobachtet. Unser Mitarbeiter Sven Rohde und sein Team suchten sich ganz konkrete Geschäfte in Hamburg aus, in denen sie regelmäßig die aktuellen Preise erfassten. So behielten sie zum Beispiel bei Saturn einen Staubsauger im Auge, im Kaufhof einen Kaffeebereiter, im Baumarkt Max Bahr einen Eimer Wandfarbe. Ergänzt wurde die Langzeitrecherche durch Daten des Wirtschaftsinformationsdienstes „Preiszeiger“, der sich um die Preise bei Discountern kümmert. Alarmierend an den Ergebnissen ist, dass vor allem Dinge, die jeder braucht – von der Butter bis zur Zahnpasta –, viel teurer sind als früher. So trifft die Inflation diejenigen be-sonders hart, die ohnehin wenig haben und einen großen Teil ihres Einkommens für den täglichen Bedarf ausgeben. Die stern-Redakteure Roman Heflik, Stefan Schmitz und Elke Schulze haben Menschen beim Einkauf nach Sorgen und Erfahrungen befragt. Sie waren unter anderem im feinen Berliner KaDeWe unterwegs, bei Aldi in Ludwigshafen und bei der Eröffnung eines Media Marktes im niedersächsischen Buchholz, der um Mitternacht von Schnäppchenjägern gestürmt wurde. Schulze interviewte in Fribourg den Schweizer Professor Hans Wolfgang Brachinger, der das Konzept der „gefühlten Inflation“ bekannt gemacht hat. Im Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ließ sich Schmitz erläutern, wie die offizielle Inflationsrate ermittelt wird. Unsere Titelgeschichte beschreibt ab Seite 48, was teurer wird und was nicht – und wer am Ende draufzahlt.

Wir wünschen Ihnen, liebe Leser, trotz allem einen guten Start ins neue Jahr.

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn

print