Liebe stern-Leser!
Dieser Tage geht es um weit mehr als um das Regime des Henkers aus Bagdad, das biologische oder chemische Waffenarsenal von Saddam Hussein: Ein Jahr lang hat George W. Bush den Irakkonflikt zum Showdown zwischen Gut und Böse aufgebaut, nun sucht er die Entscheidung. Notfalls will er die Welt mit einem - völkerrechtlich umstrittenen, ich meine illegalen - Präventivschlag neu ordnen. Die Parole "Kein Blut für Öl" greift viel zu kurz.
Bush sieht sich von Gott dazu ausersehen, die Welt vom Bösen zu befreien. Seine grandiose Vision ist es, als jener Präsident in die Geschichte einzugehen, der Frieden und Demokratie in den Nahen Osten gebracht hat, schreibt stern-Autor Claus Lutterbeck in der Titelgeschichte dieses Heftes. Lutterbeck traf mehrfach mit George W. Bush zusammen. Er besuchte ihn in Austin, als er noch Gouverneur in Texas war, er saß eine Woche lang mit im Flugzeug, als Bush im Wahlkampf durch die Vereinigten Staaten flog. Er hat - erst aus Washington, seit kurzem aus Berlin - beobachtet, wie der Atlantik mit jedem Tag von Bushs Präsidentschaft breiter wurde.
Lutterbeck beschreibt den Weg des US-Präsidenten: vom ziellos umherirrenden jungen Mann, der mit 40 Jahren zu Gott fand und heute wie sein großes Vorbild Ronald Reagan "das heilige Feuer menschlicher Freiheit" in die Welt tragen will. Gnade uns Gott.
Obwohl die Mehrheit der Deutschen einen Krieg ablehnt, sind die öffentlichen Proteste bisher eher verhalten. Am 15. Februar ist die große Friedensdemonstration in Berlin. Gefragt sind aber auch andere, neuartige Formen des Widerspruchs. "Deutschland sagt Nein zum Krieg gegen den Irak", heißt eine Aktion, die der Münchner stern-Korrespondent Georg Wedemeyer privat mit einigen Prominenten gestartet hat. Wer diese Forderung unterstützen will, kann einen Euro - wirklich nur einen! - überweisen auf das von einem Notar verwaltete Konto Nummer 303 680 700 bei der Dresdner Bank München (BLZ 700 800 00). Der Abstimmungsbetrag soll vor allem "Ärzte ohne Grenzen" zugute kommen, einer neutralen und unabhängigen Organisation, die für ihre Hilfeleistungen in Krisengebieten 1999 den Friedensnobelpreis bekam.
Im Beirat der Aktion sitzen Schauspieler wie Senta Berger und Jörg Hube, Politiker wie der ehemalige SPD-Chef Hans-Jochen Vogel und der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, der Psychoanalytiker und Autor Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter, der ehemalige Beigeordnete des UN-Generalsekretärs Hans-Christian Graf von Sponeck und der Sänger Konstantin Wecker. Ein Euro - eine Stimme gegen den Krieg. Gute Idee.
Herzlichst Ihr Thomas Osterkorn