Editorial Herr Thierse, übernehmen Sie!

Liebe stern-Leser! In gut zwei Wochen wollen Angela Merkel und Edmund Stoiber das peinliche Theater um die K-Frage

Liebe stern-Leser! In gut zwei Wochen wollen Angela Merkel und Edmund Stoiber das peinliche Theater um die K-Frage angeblich beenden und sich einigen, wer nun als Kanzlerkandidat der Union in den Wahlkampf zieht. Die Chancen, gegen Schröder zu gewinnen, werden für beide immer besser, weil der „Reformkanzler“ angesichts schlechter Wirtschaftsdaten und steigender Arbeitslosenzahlen spürbar an Glanz verliert. Mitten in der heißen Phase der Kandidaten-Diskussion erreichte uns die Information, dass nach der CDU auch die CSU ihre Parteifinanzen mit fragwürdigen Methoden aufgebessert hat. stern-Autor Hans Peter Schütz trug in wochenlangen Recherchen Zeugenaussagen und Dokumente zusammen, die belegen: Die CSU hat für dubiose Patenschafts-Abos ihres „Bayernkurier“ falsche Spendenquittungen ausgestellt und dafür beim Präsidium des Bundestages mindestens sechs Millionen Mark Zuschüsse zu Unrecht kassiert. Jetzt sind Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und vermutlich auch der Staatsanwalt am Zuge. CSU-Chef Edmund Stoiber und sein Generalsekretär Thomas Goppel müssten für solche Praktiken zukünftig womöglich sogar in den Knast, wenn der rot-grüne Vorschlag Gesetz würde, wonach den Parteiverantwortlichen für falsche Rechenschaftsberichte bis zu drei Jahre Haft drohen. Kein Wunder, dass die Union dies strikt ablehnt. Auf jeden Fall ist Stoibers Image als schwarzer Saubermann nun beschädigt. Und die K-Frage der Unionsparteien stellt sich im Licht der Enthüllungen neu: Können sich CDU und CSU nach dem Schwarzgeldskandal der Hessen-CDU und dem Verfassungsbruch des Geldwäschers Kohl einen Kanzlerkandidaten leisten, der möglicherweise ebenfalls im Spendensumpf steckt?

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn Chefredakteur