Liebe stern-Leser!
Acht Wochen schwieg er. Acht lange Wochen biss sich der notorisch Redselige auf die Lippen, obgleich die Recherchen über sein anti-israelisches Wahlkampf-Faltblatt und dessen fragwürdige Finanzierung immer haarsträubendere Details zutage förderten. Jürgen Möllemann war krank. Erst verkroch er sich in seiner Villa auf Gran Canaria, dann zu Hause in Münster. Mit ihm Kontakt zu bekommen war nur auf verschlungenen Wegen möglich, durch Mailbox, Fax, Kuriere und Vertraute. Die stern-Redakteure Hans-Ulrich Jörges und Hans Peter Schütz ließen nicht locker. Den Verfemten zu den Vorwürfen und seinen Plänen einzuvernehmen ist Reiz und Pflicht des Journalismus zugleich. Am vergangenen Samstag sahen sie ihn endlich in Münster. Drei Stunden dauerte die Begegnung. Der viel gescholtene Liberale präsentierte sich anders als gewohnt: nicht als unverwüstlicher Draufgänger, sondern verhalten, durch Tabletteneinwirkung gedämpft, bedächtig formulierend. Möllemann steht unter gewaltigem Druck und fühlt sich nicht mehr als politischer Täter, sondern als Opfer schwer kalkulierbarer Mächte. Zweimal unterbrach er das Gespräch, weil er wieder zu Kräften kommen müsse. Das erste ausführliche Interview mit Jürgen Möllemann seit seiner Erkrankung lesen Sie auf Seite 24 der Printausgabe. Jede Krise hat auch ihre Gewinner. Von der schlechten Wirtschaftslage profitieren derzeit vor allem die Discounter. Besonders Aldi legt stark zu. Über 80 Prozent der Deutschen kaufen bereits dort – weil es billig ist und für manche sogar „Kult“, wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ schrieb. Grund genug für den stern, das verschwiegene Reich der Brüder Karl und Theo Albrecht unter die Lupe zu nehmen. Keine leichte Aufgabe für stern-Reporter Jürgen Steinhoff, denn Aldi ist alles andere als kooperativ: Es gibt nur spärliche Auskünfte, keine Interviews, Fotografieren ist verboten. Steinhoff kennt sich mit Aldi aber gut aus. Seine erste große Geschichte in diesem Magazin schrieb er 1981 über den Discounter. Kritik von Henri Nannen damals: „Sie haben vergessen, den Dosenmais von Aldi zu erwähnen. Das ist der beste, den es gibt.“
Die Titelgeschichte über „Die Magie des Billigen“ beginnt auf Seite 38 der Printausgabe.
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn