Schon in der Ausgabe vom 29. Dezember veröffentlichte der stern erste Fotos und Berichte aus den vom Tsunami-Desaster heimgesuchten Gebieten. Zwei Tage später, Silvester, schickten wir eine Extra-Ausgabe mit mehr als 50 aktualisierten Seiten an Supermärkte, Kioske, Tankstellen, Flughäfen und Bahnhöfe. Darin bewegende Bilder von einer apokalyptischen Katastrophe, deren unvorstellbare Zahl von Toten und Verletzten die Welt in Trauer und Entsetzen vereint. Auch in diesem Heft berichten stern-Teams aus den asiatischen Krisengebieten. Sie schildern das Schicksal von Wolfgang Schäffer, der auf Phuket Urlaub machte und nun seine Frau und seine beiden Töchter sucht. Sie erzählen die traurige Geschichte eines kleinen Jungen, der seine Eltern in einem Zug auf Sri Lanka verlor - sie wurden mit Hunderten Fahrgästen in den Tod gerissen. USA-Korrespondent Jan Christoph Wiechmann flog nach Hawaii und sprach dort mit Wissenschaftlern des Pacific Tsunami Warning Center (PTWC). Das Ergebnis seiner Recherchen macht deutlich: Die Forscher haben die Folgen des Erdbebens nicht richtig eingeschätzt. Sie meldeten zwar "die Möglichkeit eines Tsunamis nahe des Epizentrums" auch nach Thailand und Indonesien. Doch dort verlor sich dieser vorsichtige Hinweis im Gestrüpp von Zuständigkeiten und miserablen Kommunikationswegen. Seitdem quält den Geophysiker Charles McCreery vom PTWC die Frage: "Wie viele wären am Leben, wenn sie rechtzeitig gewarnt worden wären?"
Seit langem hatten wir geplant, in diesem Heft unsere Serie über die Ernährung der Deutschen zu beginnen. Natürlich sollte das Thema zur Titelgeschichte werden, doch die Tragödie in Südasien setzte neue Prioritäten. Um Herkunft, Verarbeitungswege, Nährwert und Qualität unserer Nahrungsmittel zu recherchieren, reisten zehn stern-Reporter mit Fotografen mehrere Wochen zwischen Mauritius, Costa Rica, Ghana, Argentinien, den Niederlanden, Spanien, der Schweiz, Sachsen-Anhalt und dem Nordatlantik umher. Daraus entstand ein achtteiliger Report über Brot, Gemüse, Fleisch, Obst, Fisch, Käse, Geflügel und Süßigkeiten. Ist die Paprika aus Holland besser als die aus Spanien? Was verbirgt sich unter der Panade des Fischstäbchens? Was verrät die Produktionsnummer auf der Wurst dem Kunden? Und wie gesund ist unser Essen? All dies wird in Reportagen, umfassender Warenkunde und Einkaufstipps geklärt. Wir beginnen in diesem Heft mit dem alltäglichsten Nahrungsmittel: Brot. Inzwischen backt kaum mehr ein Bäcker ausschließlich mit Mehl, Salz und Wasser. Fast alle greifen auf die Fertigmischungen der Backmittelindustrie zurück. Die Kunden merken das - und kaufen immer weniger bei den "Tütenbäckern". Vor zehn Jahren gab es noch 25000 Bäckereien in Deutschland, am Ende des abgelaufenen Jahres waren es nur noch 17000. Und der einstige Bäckerkönig Heiner Kamps sagte dem stern, die Zahl der Betriebe werde auf 10000 fallen, sollten die Bäcker sich nicht eines Besseren besinnen und zu alter Qualität zurückkehren. Die stern-Redakteure Gerd Schuster und Markus Grill haben sich in deutschen Backstuben und Brotfabriken umgesehen, mit den Managern des Branchenriesen Harry-Brot gesprochen, in die Steinöfen der Hofpfisterei in München geschaut und den kleinen Bäcker Maser in Bempflingen bei Reutlingen besucht, der die Chemie aus seiner Backstube verbannt hat. Das beste Brot haben sie in der Hofpfisterei gefunden: einen Zwei-Kilo-Laib, hergestellt aus dreistufigem Natursauerteig, allerdings zum stolzen Preis von 8,20 Euro.
Herzlichst Ihr
Andreas Petzold