Der lange Weg zur Anmeldung
Erstmal muss ich wissen, nach welcher Studienordnung Sie studieren. Alte, neue oder alte und die Prüfung auf Antrag nach der Neuen?» Damit hatte ich mich schon bei der Anmeldung zu den Nebenfachprüfungen herumgeschlagen. «Nach der Neuen auf Antrag», sagt ich selbstbewusst. «Gut, dann brauche ich jetzt ihre Anmeldung.» Ich stutzte. «Aber die wollte ich doch gerade erledigen», entgegne ich, nicht mehr ganz so sicher. «Also fehlt Ihnen das Formular», konstatiert die Sachbearbeiterin. Unangenehme Bilder steigen vor meinem inneren Auge auf. Verfahren. Das heißt, es wird kompliziert. Mit einem ganzen Stoß Papier setzt sie sich mir gegenüber.
»Zuerst füllen Sie dieses Formular aus, geben alle besuchten Veranstaltungen an und belegen das mit Ihren Belegbögen. Vorlesungsnummer, Semester und Dozent. Sie müssen insgesamt 30 Semesterwochenstunden nachweisen.« Ich nicke. Wieso habe ich bloß nach dem fünften Semester keine Belegbögen mehr geführt? »Im Sekretariat des Lehrstuhls geben Sie den Titel Ihrer Arbeit an. Er muss dort vorliegen, wenn ich die offizielle Aufforderung an das Prüfungsamt schreibe. Sobald der Lehrstuhl mir den Titel mitgeteilt hat, bekommen Sie das Thema gestellt. Aber vorher müssen Sie den Antrag bei mir einreichen. Wer ist Ihr Koreferent?« Mir schwirrt der Kopf. »Den lassen Sie bitte diese Bestätigung unterschreiben, die Sie dann auch mit dem Antrag einreichen.« Bitte nicht schon wieder ewig auf einen Sprechstundentermin warten! »Bekommen Sie BAföG?« »Ja, noch«, antworte ich und denke an die paar Kröten, die noch zwei Monate lang auf mein Konto fließen werden. »Dann müssen Sie dieses Formular auch noch ausfüllen. Aber nur diesen Teil«, erklärt die Dame und drückt mir den ganzen Stapel Papiere in die Hand. »Dazu bringen Sie dann Ihre Scheine mit, Ihr Studienbuch und eine aktuelle Studienbescheinigung.«
Zuerst hoch zum Koreferenten. Er hatte gerade ein Seminar, das weiß ich, und mit ein bisschen Glück kriege ich die Unterschrift auch schnell zwischen Tür und Angel. Ich treffe ihn schon auf dem Gang, er ist auf dem Weg zum Aufzug. »Könnten Sie vielleicht ganz kurz....?« »Ich bin gleich wieder da, warten Sie an meinem Büro«, sagt er und verschwindet. Zehn Minuten später habe ich die Unterschrift. Jetzt noch der Stempel. Aber die Sekretärin ist nicht da. Also wieder zum Prof. »Könnten Sie vielleicht auch kurz...?« Er schließt das Sekretariat auf, sucht den Stempel. Ja, das ist er! Das erste Formular komplett. Ist doch gar nicht so schwer. Jetzt zum Lehrstuhl des Prüfers. Den Titel der Arbeit, Name und Semesterzahl, Nebenfächer und Matrikelnummer. Einfach, könnte ich eigentlich jeden Tag machen.
Abends jongliere ich mit Scheinen, Belegbögen und alten Vorlesungsverzeichnissen. Was hatte ich denn noch in diesem Semester? Mir fehlen noch zwei Stunden. Aber ich habe doch so viel belegt?! Ach ja, das Seminar bei dem merkwürdigen Lehrbeauftragten im Sommersemester. Der Bogen ist voll. Weiter mit dem Bafög-Formular. Fördernummer? Die steht doch immer auf dem AkaFö-Bescheid. Wo habe ich den bloß? Suchen, finden. Aktuelle Studienbescheinigung muss ich morgen ausdrucken. Jetzt habe ich aber alles. Sicher.
Am nächsten Tag im Prüfungsamt. Ich habe alles dabei, jedes Formular ist vollständig und korrekt ausgefüllt und alle Scheine vollzählig. Alle Unterlagen wandern in eine Akte. War das schon alles?
Eine Woche später ist ein Brief im Kasten. »Hiermit teilen wir Ihnen das Thema Ihrer Abschlussarbeit mit.« Ich hab's geschafft. Das Schlimmste am Examen liegt hinter mir. Und in drei Monaten versuche ich es mit einer Stipendiumsbewerbung. (ts)