Das neue Jahr steht vor der Tür und zum 1. Januar treten viele neue Regelungen in Kraft. Damit die eigene Finanzplanung für 2006 vor bösen Überraschungen sicher ist, sollte sich jeder frühzeitig einen Überblick verschaffen.
So hat die große Koalition bereits in den ersten Wochen ihrer Regierungszeit einige Steuergesetze in Kraft gesetzt oder auf den Weg gebracht, die von Anfang 2006 an gelten sollen.
Außerdem muss die Regierung im kommenden Jahr einige Gesetzesvorhaben beschließen, wenn diese 2007 in Kraft treten sollen. Deshalb gibt es auch einen Ausblick auf 2007.
Abfindungen
Arbeitnehmer, die entlassen werden und dafür eine Abfindung erhalten, müssen diese ab dem Jahresanfang genauso versteuern wie ihr sonstiges Einkommen. Für die Berechnung der Steuer wird die Zahlung über einen Zeitraum von fünf Jahren verteilt, was die Steuerbelastung für den Betroffenen reduziert. Die bislang geltenden Freibeträge verlieren mit dem Jahreswechsel ihre Gültigkeit.
Die Regierung begründet dies damit, dass bei einem fortdauernden Arbeitsverhältnis auch der gezahlte Lohn steuerpflichtig wäre. Allerdings bleiben Abfindungen für die nächsten zwei Jahre steuerfrei, wenn sie heute schon feststehen.
Arbeitsmarkt
Arbeitsmarkt-Maßnahmen wie die Ich-AG und die so genannte 58er-Regelung bleiben befristet erhalten. Die Ich-AG-Regelung läuft bis zur Jahresmitte 2006 weiter, sie sieht staatliche Zuschüsse für arbeitslose Existenzgründer vor. Die 58er-Regelung wurde um zwei Jahre verlängert: Danach brauchen Arbeitslose über 58 sich nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, erhalten Arbeitslosengeld I und II unter vereinfachten Bedingungen gegen die Zusicherung, zum frühest möglichen Zeitpunkt mit Abschlägen in Rente zu gehen.
Verlängert wird auch die
Entgeltsicherung für Arbeitslose
, die einen geringer entlohnten Job als ihren früheren annehmen und dafür befristet einen Teilausgleich erhalten.
Bis Ende 2006 gilt auch die Regelung, dass Arbeitgeber, die
Arbeitslose über 55
einstellen, für diese keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichten müssen.
Arzneimittel
Vom 1. Janaur 2006 an dürfen in Deutschland keine Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) mehr in Medikamenten enthalten sein. FCKW zerstören die schützende Ozonschicht in der Atmosphäre.
Auto
Auf die Besitzer von Wohnmobilen kommen höhere Steuern zu. Die bisher als Nutzfahrzeuge deklarierten Camper über 2,8 Tonnen sollen schrittweise bis 2011 wie Pkw besteuert werden. Das bedeutet, dass sie dann nicht mehr nach Gewicht, sondern wie alle anderen Autos nach Hubraum und Schadstoffausstoß besteuert werden. Wohnmobilbesitzer erhalten allerdings einen 20-prozentigen Abschlag auf die vergleichbare Kfz-Steuer für Pkw.
Eigenheimzulage
Die staatliche Förderung für Häuslebauer fällt zum 1. Januar 2006 weg. Bauherrn, bzw. Käufer von Häusern oder Wohnungen können zwar noch Eigenheimzulage beantragen - aber nur, wenn sie bis zum 31. Dezember 2005 einen Vertrag abgeschlossen oder einen Bauantrag gestellt haben. Dann gibt es noch bis zu 1250 Euro Förderung pro Jahr (plus 800 Euro pro Kind, maximal für vier Kinder). Für später abgeschlossene Verträge wird die Subvention nicht mehr gewährt.
Altfälle bleiben von der Regelung unberührt. Die bisherige Förderung kann allerdings - etwa nach einem berufsbedingten Umzug - nicht mehr auf neue Objekte übertragen werden.
Erntehelfer
Die Zahl der ausländischen Saisonarbeiter wird verringert, dafür sollen mehr Arbeitslose bei der Ernte oder in der Gastronomie zum Einsatz kommen. Jeder Betrieb kann nach der Neuregelung bis zu 80 Prozent der im Jahr 2005 zugelassenen 325.000 Arbeitskräfte aus Mittel- und Osteuropa beschäftigen. Für weitere 10 Prozent ausländischer Helfer gibt es eine Zulassung nur dann, wenn keine inländischen Erwerbslosen vermittelt werden können.
Informationsfreiheitsgesetz
Jeder Bürger erhält unter Beachtung des Daten- und Geheimnisschutzes Zugang zu amtlichen Informationen der Bundesbehörden, und zwar ohne ein berechtigtes Interesse nachweisen zu müssen. Damit können sich Behörden zur Abwehr von Anfragen nicht mehr auf das Amtsgeheimnis berufen. Das Gesetz war eines der letzten, das die rot-grüne Bundesregierung noch - mit FDP-Unterstützung - über die parlamentarischen Hürden brachte.
Landwirtschaft
Landwirte und Futtermittelunternehmer müssen sich künftig registrieren lassen. Nach der europäischen Verordnung zur Futtermittelhygiene, die zum 1. Januar 2006 verwirklicht wird, soll dies die Einrichtungen, die Ausrüstung, das Personal, die Dokumentation und die Qualitätskontrolle umfassen. Damit sollen landwirtschaftliche Unternehmer bei der Sicherheit von Futtermitteln stärker in die Verantwortung nehmen. Diese Regelung betrifft auch Landwirte, die Futtermittel erzeugen oder an Tiere verfüttern.
Managergehälter
Im Wirtschaftsbereich kommt eine der am heftigst diskutierten Regelungen der vergangenen Jahre zum Tragen: Die Offenlegung von Mangagergehältern. Nach dem neuen Gesetz müssen börsennotierte Aktiengesellschaften künftig für jedes einzelne Vorstandsmitglied die gesamten Bezüge angeben. Der Betrag muss in erfolgsunabhängige und erfolgsbezogene Komponenten sowie solche mit langfristiger Anreizwirkung aufgeschlüsselt sein.
Die neuen Regelungen sind bereits seit August in Kraft, sie müssen aber erstmals auf die Jahres- und Konzernabschlüsse des Jahres 2006 angewendet werden. Mit ersten Veröffentlichungen ist daher erst im Frühjahr 2007 zu rechnen. Ein Hintertürchen bleibt öffentlichkeitsscheuen Managern aber: Die Anteilseigner können auf die Offenlegung der Managerbezüge verzichten.
Rente
Die Altersgrenze für den frühesten Beginn der vorzeitigen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit wird mit dem Jahreswechsel stufenweise vom 60. auf das 63. Lebensjahr angehoben. Die Anhebung erfolgt in Monatsschritten in den Jahren 2006 bis 2008. Betroffen sind ab 1946 Geborene. Im Januar 1946 Geborene können diese Altersrente frühestens mit 60 Jahren und einem Monat beziehen. Wer im Dezember 1948 oder später geboren wurde, kann erst mit 63 Jahren eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit in Anspruch nehmen. Ein Rentenbezug vor diesem Zeitpunkt ist - auch unter Inkaufnahme höherer Abschläge - nicht mehr möglich. Vertrauensschutz genießen aber Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind und vor dem 1. Januar 2004 die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses verbindlich vereinbart hatten.
Bei der privaten, staatlich geförderten Altersvorsorge markiert der 1. Januar 2006 die
dritte Stufe der "Riester-Treppe"
: Die staatlichen Zulagen und der Sonderausgabenhöchstbetrag steigen. Die Grundzulage erhöht sich von 76 auf 114 Euro und die Kinderzulage von 92 auf 138 Euro pro Kind. Sonderausgaben können bis maximal 1575 Euro geltend gemacht werden.
Durch die neuen
"Unisex-Tarife"
werden Männer und Frauen bei Abschluss einer Riester-Rente künftig bei gleichen Beiträgen auch gleiche monatliche Leistungen erhalten. Bislang mussten Frauen wegen ihrer höheren Lebenserwartung entweder höhere Tarife oder - bei gleichen Tarifen - geringere Auszahlbeträge hinnehmen. Dies wird nun bei Neuverträgen zu Lasten der Männer geändert.
Rentner
Ab 2006 müssen viele Rentner zum ersten Mal Steuern zahlen. Durch das Alterseinkünftegesetz werden die Renten seit 2005 stufenweise nachgelagert besteuert. 2006 beträgt der besteuerte Anteil 52 Prozent. Eine Rente von maximal 18.900 Euro pro Jahr bleibt steuerfrei.
Sozialversicherungen
Die Beitragsbemessungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt in Westdeutschland um 50 auf 5250 Euro im Monat. Im Osten bleibt sie unverändert bei 4400 Euro. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung steigt die in West und Ost einheitliche Bemessungsgrenze von 3525 Euro auf 3562,50 monatlich. Das Bruttoeinkommen über diesen Grenzen bleibt frei von Sozialabgaben.
Die
Versicherungspflichtgrenze
in der Kranken- und Pflegeversicherung steigt von monatlich 3900 auf 3937,50 Euro in Ost und West. Wessen Verdienst unterhalb dieser Grenze liegt, muss sich in einer der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen versichern.
Die Arbeitgeber müssen im neuen Jahr die
Beiträge
zu den Sozialversicherungen gut 14 Tage früher als bisher abführen. So wird die Zahlungsfähigkeit der Sozialkassen verbessert. Die Änderung hat 2006 einmalig 13 statt 12 Zahlungstermine zur Folge.
Steuerberater
Kosten für einen Steuerberater können ab 1. Januar 2006 nicht mehr als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Das gilt auch schon für die Steuererklärung 2005. In der Begründung des Gesetzes heißt es, dies geschieht, um das Steuerrecht einfacher zu machen, Ausnahmen abzubauen und die Bemessungsgrundlage zu vereinfachen.
Nach dem 1. Januar 2006 werden "private" Steuerberatungskosten - also Beraterkosten, die mit der Einkunftsermittlung nichts zu tun haben wie etwa Kosten für die Erstellung einer Erbschaftsteuererklärung oder für das Ausfüllen des Mantelbogens bei der Einkommensteuererklärung - steuerlich nicht mehr berücksichtigt. Künftig müssen Steuerberatungskosten in einen als Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben abziehbaren Teil und einen nicht berücksichtigten "Privatanteil" aufgeteilt werden.
Steuersparfonds
Die reinen Steuersparfonds werden rückwirkend zum 11. November 2005 abgeschafft. Dann dürfen Anleger Verluste aus den Fonds nur noch mit Gewinnen aus der gleichen Anlage - und nicht mehr mit anderen Einkünften - verrechnen. Betroffen sind vor allem Medien-, aber auch Windenergie-, Videospiel- und Schifffonds. Mit deutschen Geldern aus Medienfonds wurden Hollywood-Filme wie etwa die "Herr der Ringe"-Trilogie, jedoch auch viele zweitklassige Filme finanziert.
Weitere Steuerbeschlüsse
Der Steuerfreibetrag für Heirats- und Geburtshilfen des Arbeitgebers wird gestrichen. Er beträgt bislang 315 Euro. Die Zuwendungen sind künftig Teil des Arbeitslohns und sollen entsprechend versteuert werden.
Die Möglichkeit,
Mietwohngebäude
degressiv abzuschreiben, wird für Neufälle abgeschafft. Vermietete Immobilien, die nach dem 31. Dezember 2005 errichtet oder erworben werden, können dann nur noch in gleich bleibenden Jahresbeträgen abgeschrieben werden. Der Abschreibungssatz beträgt 2 Prozent. Die Vereinheitlichung des Abschreibungssatzes soll damit dem tatsächlichen Wertverlust entsprechen.
Zudem entfällt die
Steuerfreiheit für Übergangsgelder und -beihilfen
, zum Beispiel nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Für Verträge über Abfindungen, Gerichtsentscheidungen oder Entlassungen vor dem 1. Januar 2006 wird eine Übergangsregelung geschaffen. Für Beträge, die vor dem 1. Januar 2007 fließen, gilt noch das alte Recht. Für Zeitsoldaten, die ihren Dienst vor 2006 angetreten haben, gilt die Steuerfreiheit noch drei Jahre.
Rückwirkende Steuerbeschlüsse
Noch vor Weihnachten hat die Koalition ein weiteres Paket zum Schließen von Steuerschlupflöchern auf den Weg gebracht. Diese werden erst 2006 beschlossen, sollen dann aber zumeist schon von Beginn des Jahres an gelten.
Anschaffungskosten für Wertpapiere und Grundstücke
können künftig erst bei deren Veräußerung steuerlich geltend gemacht werden. Diese Maßnahme schafft ein aus der Sicht der Kapitalanleger lukratives Steuersparmodell ab.
Die steuerliche günstige
Dienstwagensteuer
kann künftig nur angewandt werden, wenn das Fahrzeug mehr als 50 Prozent dienstlich genutzt wird. Erst dann wird ein Dienstwagen steuerlich nach der "Ein-Prozent-Regelung" anerkannt und der Fahrer muss wie bisher ein Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil pauschal versteuern. Die Regelung trifft vor allem Selbstständige und Freiberufler, die dem Finanzamt den überwiegenden Gebrauch für die Firma etwa in Form von Fahrtenbüchern nachweisen müssen. Für Dienstwagen, die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern überlassen, ändert sich nichts.
Künftig sollen die Unternehmer, die
Gebäude reinigen
lassen, dem Fiskus die Umsatzsteuer für die empfangene Leistung schulden und nicht mehr die Reinigungsfirmen. Die Regelung soll erst zum 1. Juli 2006 in Kraft treten.
Die bislang steuerfreien Umsätze der zugelassenen
öffentlichen Spielbanken
sollen künftig ebenso wie die gewerblich betriebenen Glücksspiele und Spielgeräte umsatzsteuerpflichtig sein.
Der
Verkauf von Tankquittungen
und Belegen, beispielsweise bei Internetauktionen, kann künftig mit einer Strafe von bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
Künftig soll es international tätigen Unternehmen nur noch eingeschränkt möglich sein,
Verluste durch Wechselkursschwankungen
von der Steuer abzusetzen.
Verkehr
Das 1994 eingeführte Sonder-Planungsrecht der neuen Länder zur Beschleunigung öffentlicher Verkehrsvorhaben wird um ein Jahr, bis Ende 2006, verlängert. Es enthält auch die Verkürzung des Klageweges nur auf die Instanz des Bundesverwaltungsgerichts. Sobald die Planungsbeschleunigung für wichtige öffentliche Vorhaben im Frühjahr auf ganz Deutschland ausgedehnt sein wird, soll das Sonderrecht Ost in dem neuen Gesetz aufgehen.
Ausblick 2007
Familiengeld
Eines der großen Ziele der Koalition ist es, den Wunsch nach eigenen Kindern auch finanzierbar zu machen. Deshalb sollen Eltern, die wegen Kindererziehung im Beruf vorübergehend pausieren, maximal 1800 Euro monatlich bekommen. Das Familiengeld gibt es allerdings nur dann für volle zwölf Monate, wenn auch der Vater mindestens zwei Monate zu Hause bleibt.
Föderalismusreform
Eine ewige Geschichte sieht dem - hoffentlich glücklichen - Ende entgegen. Im neuen Anlauf zur Föderalismusreform sollen die Kompetenzen von Bund und Ländern entzerrt und die Blockademöglichkeiten des Bundesrates eingeschränkt werden.
Gesundheitsreform
Auch auf dem Arbeitsplan der Regierung: Die Vergütungsstruktur für Ärzte. Bisher verteilen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Honorare auf die Ärzte. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) setzt stattdessen auf eine Gebührenordnung, bei der die Mediziner feste Preise für ihre Leistungen erhalten. Im Systemstreit über die künftige Finanzierung der Krankenkassen wird ein Kompromiss gesucht. Weder die von der SPD propagierte Bürgerversicherung mit nach Einkommen bemessenen Prämien noch die Kopfpauschale der Union mit einem Einheitsbeitrag werden in reiner Form verwirklicht werden.
Pflegeversicherung
Das Gesetz soll im Sommer vorgelegt werden. Die Pflegekassen kommen wegen steigender Patientenzahlen nicht mehr mit ihrem gedeckelten Beitrag von 1,7 Prozent aus. Spätestens 2008 werden die Rücklagen aufgebraucht sein. Trotzdem sollen die seit 1995 unveränderten Preise für die einzelnen Leistungen dynamisiert werden. Es sind auch Verbesserungen bei ambulanter Pflege und den Urlaubsleistungen für pflegende Angehörige geplant. Mehr als 600.000 Demenzkranke sollen bessere Leistungen bekommen. Bei leichterer Heimpflege soll es Kürzungen geben.
Renten
Der Beitragssatz soll von 19,5 auf 19,9 Prozent erhöht werden. Dafür ist die Anhebung der Altersgrenze für die volle Rente von 65 auf 67 Jahre erst später geplant.
Steuern
Die Mehrwertsteuer soll von 16 auf 19 Prozent steigen. Ein Prozentpunkt soll dafür verwendet werden, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung (zusammen mit zusätzlichen Ersparnissen der Bundesagentur für Arbeit) um 2 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent zu senken. Die übrigen 2 Prozentpunkte sollen zur Sanierung der Haushalte von Bund und Ländern beitragen. Die Pendlerpauschale wird ebenso gekürzt wie der Steuerfreibetrag. Für Aktionäre und Immobilienverkäufer soll eine Pauschalsteuer von 20 Prozent auf Veräußerungsgewinne eingeführt werden.