Wir haben letzte Woche auf DADDYlicious.de das Bild eines syrischen Flüchtlingskindes veröffentlicht. Eine Momentaufnahme aus Kinderhand - Tod und Elend auf der syrischen Seite und Hoffnung und Dankbarkeit auf der deutschen/anderen Seite. Zwischen diesen beiden Lebenswelten liegt dann noch eine kaum nachzuvollziehende Strapaze der Flucht. Die Reaktionen darauf machen mich sprachlos. Ich wurde eines besseren belehrt, ging ich doch davon aus, dass sich die Personen, die gegen die aktuelle Hilfsbereitschaft, gegen die Bemühungen, den hilfesuchenden Menschen der größten Völkerwanderung der Neuzeit, Sicherheit und Menschlichkeit entgegenzubringen, woanders tummeln. Nicht bei uns auf der Web- oder Facebook-Seite.
Liest man sich die vermeintlichen Argumente und tatswahrhaftigen Ansichten einiger Bürger dieses Landes durch, kann einem wirklich nur schlecht werden. Was also tun? Löschen? Oder versuchen, eine Diskussion zu führen? Schwierig. Wir haben uns entschieden, die Ansichten nicht zu löschen und unseren Lesern die Möglichkeit zur Diskussion zu geben. Auch nicht einfacher. Was willst Du als demokratisch denkender Mensch (Mensch: mit diesem Attribut fängt es ja an!) diesen Personen an Argumenten liefern? Überzeugen wirst Du Sie kaum. Warum das so ist versuche ich mal aufzuarbeiten ohne die Personen zu zitieren. Mir liegt es fern, jenen Personen eine weitere Bühne zu bieten. Und ja, es wird wieder einen Schwall an Kommentaren geben, von denen, die das anders sehen. Ich hoffe doch, dass es von der anderen Seite mindestens genauso viele Kommentare geben wird, die aufzeigen, wie wir "Deutschen" wirklich ticken. Wir sind kein Volk, dass vor zwanzig Jahren oder gegenwärtig Asylantenheime anzündet. Das sind einzelne extrem denkende Unverbesserliche, die leider genau das Bild bei unseren Nachbarn und allen anderen Völkern dieser Welt schüren. Unterstützt durch die mediale Berichterstattung.
Die Islamisierung
In erster Linie haben diese Menschen Angst. Angst vor der Radikalisierung unseres Landes. Deutschland gehöre den Kirchen und nicht den Moscheen. Sie haben Angst vor Schläfern, die es sich auf Kosten des Staates - gerne auch mal auf "eigene" Kosten - in den Flüchtlingsunterkünften gemütlich machen. Vom religiösem Fanatismus kann so ziemlich jede Konfession ein Lied singen. Je nach dem, welcher man angehört, werden die eigenen Fehltritte gerne mal ignoriert. Und in jeder Religion gibt es fanatische Lager, die - von ihrer Ideologie verblendet - eben diese mit aller Macht durchsetzen wollen. Aber diese Lager repräsentieren nicht Mehrheit und der "Islamische Staat" ist einer der Gründe, warum diese Menschen fliehen. Sie fliehen vor eben genau diesen ideologischen Fanatikern!
Unsere Vergangenheit
Es ist zu lesen, dass die Menschen doch gefälligst wieder in ihr Land zurückgehen sollen, um ihren eigenen Wohlstand aufzubauen. So wie wir ihn hier geniessen. Wir hätten uns das doch auch selbst aufgebaut. Ach ja, wann nochmal? Nach dem 2. Weltkrieg, der so ziemlich alles in Asche und Rauch gelegt hat, was "wir" uns aufgebaut haben, waren es die Siegermächte, die diesem Staat eine zweite Chance gegeben haben. Ach nee, es war ja schon die dritte Chance nachdem wir Anfang des 20. Jahrhunderts die Welt an den Abgrund manövriert haben. SIE haben uns wieder aufgebaut. Und wir haben mitgeholfen und die Chance ergriffen. Wir hatten eine Chance - die Menschen, die vertrieben wurden oder vor einem Tyrannen wie Assad flüchten, haben diese Chance nicht. Und jetzt machen die Menschen uns unseren Speck madig, in dem wir uns tagtäglich suhlen. Und woher kommt der Speck als Export-Weltmeister von Investitions-, Rüstungs- und Warengütern? Ach ja! Zum Großteil von "den anderen", die unser "Made in Germany" so lieben. Wie es in diesem Land auch hätte laufen können, zeigt der Teil Deutschlands vor der Wiedervereinigung, der seit Kriegsende unter dem Joch totalitärer Machthaber unterdrückt wurde.
Unsere Zukunft
Glaubt man den Kommentaren einiger nationalistischen Weltverbesserer, dann steht Deutschland vor dem Bürgerkrieg. Und wenn "die" alle bleiben, sind unsere Kinder die Leidtragenden - müssen sie doch mit "denen" gemeinsam in die Schule gehen. Ich wünsche allen so denkenden Vätern und Müttern, dass ihr Kind irgendwann mit dem besten syrischen Freund oder der besten afghanischen Freundin nach Hause kommt. Oder das eigene Kind erzählt, dass eben dieser bei der letzten Rangelei sich für ihn stark gemacht hat. Sie gemeinsam Hausaufgaben machen und optimalerweise die neuen Mitbürger tatkräftig beim Lernen unterstützen. Ich kann nur hoffen, dass die Kids noch nicht von den Ansichten ihrer Eltern verblendet wurden. Echte Freundschaft macht keinen Halt vor Hautfarben oder Kulturen. Das war schon immer so und hoffentlich bleibt das auch so.
Wer heutzutage von "Wir Deutschen" spricht, der spricht automatisch von uns als "multikulturelles Volk". Alles andere ist völliger Quatsch. Wir Deutschen definieren uns über Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Kultur. "Wir Deutschen" sind Türken, Juden, Muslime, Buddhisten oder was auch immer. Alles andere ist realitätsfern und zum Glück Vergangenheit.
Unser Geld
Es ist zu lesen, dass uns alle Flüchtlinge auf der Tasche liegen. Das ist sicherlich erst einmal so richtig. Aber ist nicht anzunehmen, dass viele Flüchtlinge zukünftig wertvolle Steuerzahler werden? Der Durchschnittsbürger zahlt knapp 8.000 Euro Steuern im Jahr (Quelle). In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es nur noch doppelt so viele Beitragszahler wie Rentenempfänger. Tendenz sinkend. Wer soll denn Eure Rente zukünftig bezahlen? Könnten das nicht eben diese Flüchtlinge sein, die helfen, diese Entwicklung zu stoppen. Wahrscheinlich geht dann wieder das Geseiere los, eben diese würden "uns Deutschen" die Arbeitsplätze wegnehmen. Auch hier stelle ich die Frage: Warum? Weil Sie besser qualifiziert sind? Oder sich eben mehr reinknien? Vom Fachkräftemangel fange ich erst gar nicht an. Es ist davon auszugehen, dass die Flüchtlinge in der Vergangenheit nicht auf Bäumen gelebt haben.
Die Politik
Einige fordern zum aktuellen Flüchtlingsstrom eine Volksabstimmung. Meinetwegen könnt ihr das gerne haben. Vielleicht wird Euch ja dann deutlich, das Eure Forderung maximal ein Sturm im Wasserglas ist. Ich glaube fest daran, dass die absolute Mehrheit unserer Bürger die Hilfsbereitschaft unterstützt und der Politik das Vertrauen zeigt, dieser Mammutaufgabe im Zeichen der Menschenrechte gerecht zu werden.
Und ich wünsche mir, dass mein Land die weltweite Speerspitze für Integration wird. In erster Linie für die Kinder, die solche Bilder malen.