Manchmal bekommt Bastian einfach einen Wutanfall. Oder er beschimpft ältere Mitschüler auf dem Schulhof. Der Elfjährige lebt wegen einer Entwicklungsstörung nicht mit seinen Eltern und Geschwistern zusammen, sondern in einer Einrichtung für betreutes Wohnen. Doch nun ist ein Streit zwischen Eltern und Jugendamt darüber entbrannt, was das Beste für den Elfjährigen ist.
Auf Facebook und in seinem Blog schildert Bastians Vater, Torsten Schiefen, 33, seine Sicht der Dinge. Wie Bastian trotz Therapien seit dem dritten Lebensjahr immer impulsiver und aggressiver wurde. Wie schwer es vor gut zwei Jahren war, Bastian mit nur neun Jahren in fremde Hände zu geben. Wie lange er gebraucht hat, um die kleinen Freuden des Alltags auch ohne Bastian genießen zu können. Aber dass er eben auch sieht, dass Bastian in der Einrichtung 24 Stunden Betreuung und alle Therapien bekommt, die er braucht. "Und die Mitarbeiter der Wohngruppe arbeiten mit Herz und Leidenschaft für die Kinder", schreibt Schliefen auf seinem Blog. Seit er in der Wohngruppe lebt, mache Bastian zwar kleine Fortschritte, aber er mache welche.
Umzug oder nicht?
Doch diese Fortschritte sind aus der Sicht Schiefens in Gefahr, weil das Jugendamt auf einen Umzug drängt. "Zwar gab es schon vorher die Idee, dass Bastian in eine andere Einrichtung umziehen sollte, aber es war klar, dass die wirklich passen und dass der Umzug lange geplant werden muss", sagt Schliefen dem stern. Auch vom Jugendamt heißt es: "Die Frage, ob Bastian in der jetzigen Einrichtung richtig aufgehoben ist, wird seit mehr als einem Jahr wiederholt in Hilfeplangesprächen von Seiten der Einrichtung aufgeworfen." Die Mitarbeiter der Einrichtung hätten mehrfach erklärt, dass Bastian einen erhöhten Bedarf habe, der von Seiten der Einrichtung im "normalen" Setting nicht gedeckt werden könne, so eine Pressereferentin des Rheinisch-Bergischen Kreises zum stern.
Das Jugendamt will den Umzug von Bastian Schiefen in eine Einrichtung, die die optimale Förderung des Jungen leisten kann. Torsten Schiefen will, dass der jetzigen Einrichtung eine halbe Betreuerstelle zusätzlich gewährt wird und der Junge dort bleiben kann. Der Umzug wäre für Bastian "ein erneutes Entwurzeln. Dies würde extreme psychische Belastung bedeuten", schreibt Schiefen. Auch das Sozialpädriatische Zentrum, das Bastian betreut, befürwortete in einem Gutachten vom Juli, den Jungen in seiner jetzigen Einrichtung besser zu betreuen, statt ihn umziehen zu lassen. Was ist das kleinere Übel für Bastian? Inzwischen hat Schiefen eine Petition gestartet, um eine stärkere Position gegenüber dem Jugendamt zu haben. Mehr als 51.000 Menschen haben sie bislang unterzeichnet.
Was ist das Beste für den Jungen?
"Die Entscheidung, dass es sich bei der derzeitigen Einrichtung aktuell nicht um die für Bastian optimale Maßnahme handelt, ist eine Team- und Leitungsentscheidung und kein alleiniger Entschluss eines einzelnen Mitarbeiters", schreibt die Pressereferentin des Rheinisch-Bergischen Kreises dem stern. Immerhin steht inzwischen fest, dass der Junge nicht schon kommenden Montag aus seiner aktuellen Wohngruppe ausziehen muss. Denn auch dieses Szenario stand zwischenzeitlich im Raum. Stattdessen wollen sich Eltern und Jugendamt an diesem Freitag wieder an einen Tisch setzen. Bleibt zu hoffen, dass Amt und Eltern sich auf die beste Lösung zum Wohl von Bastian einigen können.