Seit 75 Jahren gibt es den Leipziger Unichor
Vier Mal in der Woche haben sie feste Termine. Montags und mittwochs Probe, jeden Donnerstag »Orgel-Punkt-Zwölf« in der Peterskirche und jeden Sonntag Universitätsgottesdienst in der Leipziger Nikolaikirche. Und einmal im Monat nehmen sie am Universitätsvesper am Paulineraltar der Thomaskirche teil.
Neben den regelmäßigen Auftritten haben die derzeit etwa 80 Mitglieder des Leipziger Universitätschores mit Konzerttourneen, CD-Aufnahmen und im Moment mit den Festtagen zum 75-jährigen Bestehen des Chores genug zu tun.
Am 17. Juni 1926 gründete der Student Friedrich Rabenschlag den »Madrigalkreis Leipziger Studenten«, die Keimzelle des heutigen Leipziger Universitätschores. Damals standen vor allem deutsche Liedsätze und europäische Madrigale im Mittelpunkt der Arbeit des Unichores. Heute gehört zum Leipziger Universitätschor ein Repertoire aller Stile und Epochen. »Wir bieten alles vom Volkslied bis zu den großen Oratorien«, sagt Universitätsmusikdirektor Wolfgang Unger, der den Chor seit 1987 leitet. Die Werke vom ehemaligen Thomaskantor Johann Sebastian Bach nehmen dabei die wichtigste Stellung ein, denn schließlich gehört der Universitätschor ja zur Leipziger Universität - und ist damit auch ein Aushängeschild.
Dessen sind sich sowohl die Studenten als auch Wolfgang Unger bewusst. Der Universitätsmusikdirektor achtet auf Qualität. »Wer dabei sein will, muss vorsingen und darüber hinaus auch theoretische musikalische Kenntnisse besitzen«, lautet sein Motto. Viele Chormitglieder sind Musikwissenschaftler, aber lange nicht alle. Mediziner sind ebenso dabei wie Juristen, Wirtschaftswissenschaftler und Chemiker. Die meisten haben eine musikalische Vorbildung und für einige ist der Universitätschor ein Sprungbrett in eine musikalische Profikarriere.
Daniela etwa spielt zumindest mit dem Gedanken. Sie ist seit einem Jahr dabei und findet, dass ihr der Chor nicht nur eine gute Ergänzung zum Gesangsunterricht ist, sondern auch die Bestätigung dafür, dass sie eine außergewöhnlich gute Stimme hat. »Es gibt immer Momente, in denen mich der Stress mit dem Chor nervt. Zum Beispiel wenn ein Ton bei einer CD-Aufnahme nicht richtig sitzt und wir ihn zum x-ten Mal singen oder ich einmal mehr auf Privatleben verzichte, weil der Chorauftritt einfach Vorrang hat«, sagt sie. Mit der Atmosphäre innerhalb des Chores ist sie zufrieden. Den Universitätsmusikdirektor bezeichnet sie als »streng aber gerecht« und ist überzeugt davon, dass es ihm besonders über die Wendejahre hinweg zu verdanken sei, dass der Chor heute in dieser Quantität und vor allem Qualität seinen 75-jährigen Geburtstag feiert.
Wolfgang Unger wies das zwar bei den Festivitäten der vergangenen Wochen weit von sich. Aber er ist spürbar stolz auf seinen Chor. So findet sich Unger auch damit ab, dass seine Chorbesetzung studienbedingt häufig wechselt. Auf der anderen Seite bringt jeder Neuling frisches Blut, so dass der Leipziger Unichor am Ende doch nicht wirklich 75 Jahre alt geworden ist ...(ah)