muenchen Sparkurs statt Völkerverständigung - die Leitkultur der LMU?

»Leitkultur. Was für ein fürchterlicher Begriff!« Hannelore Eisenhofer schüttelt den Kopf.

»Leitkultur. Was für ein fürchterlicher Begriff!« Hannelore Eisenhofer schüttelt den Kopf.

Die Professorin für Japanologie leitet derzeit in Vertretung den Studentischen Interkulturellen Arbeitskreis der LMU München (STINA). Vor drei Jahren ins Leben gerufen, treffen sich hier seitdem Studenten und Jungakademiker, um konkret etwas zur Verbesserung des interkulturellen Verständnisses zwischen ausländischen und deutschen Studenten beizutragen.

Ein unterstützenswerter Gedanke, sollte man meinen. Doch das interkulturelle Projekt scheint nun gefährdet. Die LMU, deren Rektorat STINA direkt untersteht, fördert die ehrenamtliche Arbeit nur widerwillig: »In letzter Zeit haben wir das Gefühl, dass wir der LMU nichts mehr bedeuten«, sagt Nicole Carius, ein studentisches Mitglied von STINA, vorsichtig. Hannelore Eisenhofer arbeitet erst seit kurzem bei STINA, aber sie vermutet, dass man der LMU möglicherweise ein Dorn im Auge sei, weil STINA nicht professionell genug arbeite: »Die wirklichen Gründe sind mir nicht bekannt.« Die Mitarbeiter sind verunsichert. Gerade an einer sich gern als weltoffen darstellenden Universität und in Zeiten von emotional geführten Debatten über Ausländerintegration und »Leitkultur«, müsse man interkulturelle Begegnung zum Abbau von Vorurteilen und Aggressionen zwischen den Kulturen fördern.

Doch selbst die knapp bemessenen Gagen der Künstler, die bei Veranstaltungen von STINA auftreten, müssen nach Angaben Eisenhofers geradezu erbettelt werden, und Ansprechpartner der LMU, etwa für eine eigene Homepage, seien nicht zu erreichen. Bürokratie? Eisenhofer zuckt mit den Schultern: »Die finanzielle Unterstützung fällt vielleicht den allgemeinen Sparmaßnahmen zum Opfer.« Von der Universität gibt es dazu noch keine Stellungnahme. Der einzige Ansprechpartner im Rektorat weilt zur Zeit für mehrere Wochen im Ausland.

So versucht STINA nun aus eigener Kraft und mit Hilfe privater Spenden die Arbeit aufrecht zu erhalten. Und das ist nicht leicht. Schließlich wollen Monat für Monat Abendveranstaltungen ausgerichtet werden, in denen jeweils eine Kultur (zum Beispiel Indien, Brasilien, Japan, Afrika) exemplarisch vorgestellt wird. Die Treffen sind informativ und unterhaltsam organisiert: Von Tanz über Livemusik bis hin zu wissenschaftlichen Vorträgen reicht die Palette.

Nicole Carius, seit einem halben Jahr dabei, trifft sich wöchentlich mit zwei Kommilitoninnen, um unter der Leitung der Gründerin von STINA, Gerda Laube, und Hannelore Eisenhofer einen neuen Abend vorzubereiten. »Ich finde es toll, über interkulturelle Begegnung nicht nur zu lesen, sondern sie praktisch zu erleben«, schwärmt sie. Natürlich sei das auch eine gewisse Form von Berufsqualifikation, aber in erster Linie eine Erweiterung des eigenen Horizonts. »Und Arbeit! Aber es lohnt sich, manchmal kommen bis zu 50 Studenten«, lacht Nicole. Doch plötzlich wird sie wieder ernst: »Nur, hoffentlich klärt sich das mit dieser Finanzierung bald, sonst wird es STINA nicht mehr lange geben.« (cw)

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