Kolumne: Marinić Kommt schon, Frauen! Wir brauchen ein bisschen Mut von Mutbürgerinnen

  • von Jagoda Marinić
Karikatur zu Frauen
Unsere Kolumnistin fragt sich: Was los ist mit den konservativen Frauen?
© Lennart Gäbel
In der Flut schlechter Nachrichten findet unsere Kolumnistin Geschichten von Frauen, die Widerstand leisten. Die nicht akzeptieren, wenn Männer an ihnen vorbei regieren.

"Die Hölle ist leer, … alle Teufel sind hier." Täglich denke ich an diesen apokalyptischen Satz von Shakespeare aus seinem Stück "Der Sturm". Ich lese trotzdem die Nachrichten, ich will kein weltabgewandtes Biedermeier im 21. Jahrhundert. Doch ich brauche die guten Nachrichten, solche, die Hoffnung machen gegen den Backlash von allen Seiten. Wo sind die Menschen, die aufstehen, Menschen, von denen wir erzählen können? Frauen und Männer, die den übergroßen Egos dieser Zeit etwas entgegensetzen?

Ich traute meinen Ohren kaum, als ausgerechnet die Frauen in der CDU laut wurden, um das Ego von Friedrich dem späten CDU-Großen zu stutzen. Wochenlang saß Merz neben Dobrindt, Spahn und Linnemann, Männer unter sich, und viele fragten sich: Was los ist mit den konservativen Frauen? Nun kommen sie endlich um die Ecke und positionieren sich: Nein, Julia Klöckner als Bundestagspräsidentin reiche nicht, sagen sie. Auch wenn Merz nichts von Geschlechterparität hält, die Frauen in der CDU fordern sie. Ich für meinen Teil bin mit Julia Klöckner mehr als bedient, aber das eher inhaltlich.

Die Vorsitzende der "Gruppe der Frauen", Mechthild Heil, sollte meines Erachtens auf Qualität und Parität setzen und auf etwas weniger Nähe zu Lobbyisten.

Der Widerstand der Frauen in den USA

Am Wochenende sah ich ein Video der äußerlich zart anmutenden Bürgermeisterin von Boston, die politisch genau die Stärke zeigt, die es jetzt braucht: Michelle Wu ist die Tochter taiwanesischer Einwanderer, die erste Asian American, die Bürgermeisterin in Boston werden konnte. In ihrer bewegenden Rede erzählt sie, dass sie vor zwei Monaten eine Tochter in die Welt gesetzt habe und dass wir heute nicht in der Welt lebten, in der sie ihre Tochter aufwachsen sehen wolle. Sie erzählt, wie ihre Eltern damals nach Amerika gekommen seien, weil sie Freiheit suchten. Wu sagt, sie wolle in Boston an jenem Amerika bauen, an das ihre Eltern geglaubt haben. "God bless America!", schließt sie. Die freien Städte werden nun zu Verteidigerinnen der Demokratie in den USA.

Warum berichte ich davon? Weil so viele derzeit danach fragen, wo der Widerstand bleibe gegen Trumps Allmachtsfantasien und Elon Musks Größenwahn. Es macht Angst, zu sehen, wie schnell das Land, das in Deutschland nach der Stunde null die Demokratisierung vorantrieb, die eigene Demokratie aushöhlt.

Deshalb brauchen wir solche Geschichten des Widerstands. Auch Valerie Costas Geschichte. Costa ist Mitbegründerin des Netzwerks "Troublemakers", das gegen Tesla mobilisiert und den Tech-Oligarchen stoppen will. Eines Morgens fand sie sich inmitten eines Megashitstorms wieder, weil Elon Musk sie auf seiner Plattform angriff, seinen Mob auf sie hetzte. Valerie Costa nutzt Musks Attacke im Netz, um zu zeigen, wie sehr dieser die Macht der Bürgerinnen fürchtet. Der Kampf um Tesla wird in den USA inzwischen von Gewalt begleitet. In Deutschland sind wir da weiter, bei uns sinkt die Nachfrage: 94 Prozent der Deutschen würden keinen Tesla mehr kaufen. Hier regelt der Markt.

Wir haben keine Zeit, einfach abzuwarten. Die Frontfrau der Linken, Heidi Reichinnek, zeigte im Wahlkampf, wie viel Potenzial in positiven sozialen Botschaften liegt und in einer Haltung des Widerstands. Schade nur, wie wenig solidarisch ihre Partei kurz nach der Wahl dem Widerstand der Ukrainer begegnet.

Wenn der Lauf der Dinge wieder zum Besseren gedreht werden soll, braucht es jetzt Mut und, im Großen wie im Kleinen, ein bisschen Widerstand.

Erschienen in stern 14/2025