Eulen Die Nachtschwärmer

  • von Sarah Marquardt
Eule schaut aus Astloch
Eulen können ihren Kopf um 270 Grad drehen
© Linus - stock.adobe.com
Sie sind schon komische Käuze, die Eulen. Um kaum einen anderen Vogel ranken sich so viele Mythen und Legenden. Bei Eulen sind wir Menschen uns seit Jahrhunderten uneins.

Farbenfrohe Federkleider, grazile Körper, präch­tige Schnäbel – nein, all das haben Eulen nicht. Die meis­ten der mehr als 200 Eulenarten weltweit sehen grau oder braun und ein wenig pummelig aus, hinzu kommt ein ausgeprägter Dickschädel. Nicht einmal singen können sie besonders schön. Und dann fliegen sie auch noch umher, wenn wir sie kaum sehen können, in der Nacht nämlich. Trotzdem: Schon seit jeher faszinieren Eulen Menschen in der ganzen Welt. Denn Eulen leben beinahe überall, in den Urwäldern ebenso wie in der Sa­vanne. Zahl­ rei­che Sagen, Mythen und Geschichten ranken sich um sie. Das liegt ver­mut­lich dar­an, dass wir in ihren Gesichtern etwas entdecken, das uns ähnlich ist …

Close up Eule
© Adobe Stock

So sehen Eulen aus:

Mit ihren Augen können Eulen überdurchschnittlich gut Geschwindigkeiten und Abstände abschätzen. Zusätzlich zu den Lidern schützt die lichtdurchlässige Nickhaut die Augen. Dass Eulen zudem fast geräuschlos durch die Nacht gleiten, liegt an der großen Flügelfläche, dem gefransten Rand ihrer Flugfedern und dem Flaum darauf. Auch hören können die Vögel sehr gut: Ihr trichterförmiger Gesichtsschleier lenkt Geräusche zu den seitlichen Ohrschlitzen. Die Puschel auf dem Kopf sind nur Federn. Zur Jagd und zur Rast auf dem Ast nutzen die Tiere ihre vier Greifzehen mit den scharfkantigen Krallen und der Wendezehe, die sie nach vorn und hinten drehen können

Schau mir in die Augen!

Im Gegensatz zu anderen Vögeln tragen Eulen ihre Augen nicht seitlich am Kopf, sondern nebeneinander, nach vorn gerichtet, so wie wir. Sie können uns also direkt in die Augen schauen. Niedlich, finden das die einen, stellen sich gar Eulenfiguren aus Plastik, Porzellan oder Plüsch in Vitrinen und Regale. Andere hingegen jagt der Blick der Eule fast ein wenig Angst ein. Denn Eulen schauen nicht – sie starren. Geht auch gar nicht anders. Eulen können nicht wie wir einfach zur Seite gucken, indem sie ihre Augäpfel nach rechts und links bewegen. Den Vögeln fehlen schlicht die Muskeln dafür.

Einfach mal den Kopf verdrehen wie Eulen

Um wegzusehen, müssen die Tiere den ganzen Kopf bewegen. Das wieder­um können sie deutlich besser als wir – um 270 Grad nämlich. Versucht doch einmal, euren Schädel so weit nach links zu drehen, dass ihr über eure rechte Schulter schaut. Richtig, klappt nicht. Denn ihr habt ganz einfach nur halb so viele Halswirbel wie eine Eule. Zudem stauen die Vögel ihr Blut in speziellen Blut­ge­fäßen, sodass auch bei der größten Halsverrenkung genug davon im Hirn ankommt.

Eule im Flug
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Steckbrief: Eulen

ALLGEMEIN: Zur Ordnung der Eulen, wissenschaftlich Strigiformes, zählen rund 200 Arten. Sie kommen in allen Gegenden der Erde vor, nur nicht in der Antarktis.

GRÖSSE UND GEWICHT: Wie groß und schwer die Tiere werden, variiert je nach Art und Lebensraum. Die größten Uhus etwa messen 60 bis 70 Zentimeter und wiegen bis zu vier Kilogramm, wobei Weibchen schwerer sind als Männchen.

NAHRUNG: Mäuse, Mäuse, Mäuse. Zur Abwechslung aber auch Vögel, Fische, Regenwürmer, Schnecken, Schlangen, Frösche, Fledermäuse.

Wahrhaft legendäre Tiere

Wegen ihres fast menschlichen, wachen Aussehens galten Eulen schon im antiken Griechenland als Symbol der Weisheit. Noch heute tauchen sie in vielen Logos von Schulen oder Bibliotheken auf – eben immer dann, wenn es um das Thema "Wissen" geht. In einigen Regionen glaubt man, dass beim Ruf einer Eule ein Kind geboren wird. Wieder andere legen sich Eulenfedern unter das Kopfkissen, weil das für einen ruhigen Schlaf sorgen soll. Im Mittelalter allerdings hielten die Menschen vor allem Wald- und Steinkauz für sogenannte Totenvögel.

Eule hat ein Eichhörnchen gejagt und erlegt
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So leben Eulen:

Eulen haben alles Griff, vor allem Mäuse und kleine Nager, die sie bei der Jagd aus der Luft erspähen – und pfeilschnell im Flug schnappen. Manche Arten schaffen es auch, bei der Jagd am Boden fliehende Mäuse einzufangen, so sportlich sind die Vögel. Und gelenkig noch dazu: Eulen gelingen Kopfdrehungen um bis zu 270 Grad. So haben sie in ihrem Revier fast einen Rundumblick. Die meisten Eulen suchen sich übrigens eine Baumhöhle als Nistplatz. Dort brüten sie auch ihre Eier aus und beginnen mit der Aufzucht der Jungen – die den Hals gar nicht voll genug bekom­men können mit Nagern, Fröschen, Vögeln, Schnecken und anderem Getier.

Lockvögel für die Toten

Tatsächlich tauchten sie oft dann auf, wenn ein Mensch im Sterben lag. Der typische Ruf der Waldkäuze – "Kuwitt, kuwitt" – klang für die Menschen damals wie "Komm mit, komm mit". Sie waren sicher, dass die Vögel die Toten damit ins Jenseits locken wollten. Dass sich die Eulen um die Trauernden scharten, lag aber vermutlich an etwas ganz anderem: Die Menschen hielten auch nachts Wache bei ihren sterbenden Angehörigen und hatten dazu Kerzen angezündet oder anders Licht entfacht. Davon fühlten sich Insekten angezogen, und die wiederum lockten die Eulen an, die sich Mücken und Motten schmecken ließen.

Lautlos im Sinkflug

Die Eule als Totenvogel ist also nur ein Aberglaube – zumindest für uns Menschen. Mäusen, Würmern, Insekten und anderen Kleintieren trachtet sie tatsächlich nach dem Leben. Und mit ihren be­sonders guten Augen, ihrem Gehör und ihren spitzen Krallen ist sie der perfekte Jäger. Besonders hinterlistig: Dank ihrer weichen Federn und den breiten Flügeln können Eulen fast lautlos durch die Luft gleiten, pfeilschnell zu Boden sausen und ihre Opfer so ohne jede Vorwarnung erwischen.

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Bedrohte Jäger

Hierzulande allerdings müssen die Eulen selbst um ihr Leben fürchten. Die meisten der zehn hei­mischen Eulenarten stehen bereits auf der Roten Liste bedrohter Tiere. Weil wir Menschen Wälder und naturbelassene Gebiete immer stärker nutzen, etwa für die Landwirtschaft, gibt es zu wenige Baumhöhlen oder Steinbrüche, in denen die Tiere tagsüber Unterschlupf finden. Uhu und Habichtskauz galten in Deutschland sogar eine Zeit lang als ausgestorben. Inzwischen setzen sich viele Menschen für den Schutz der Eulen ein, errichten etwa Nistkästen, in denen die Vögel brüten können. Gut so! Denn im Wald machen sich Eulen besser als in jeder Glasvitrine.

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