Im Schatten des schweren Missbrauchsskandals vor allem in der irischen und deutschen Kirche hat die Welt lange auf ein klares "Mea Culpa" des Papstes gewartet. Am Freitag - als Schlussakzent des durch die Skandale verdunkelten Priesterjahres - richtete Benedikt XVI. erstmals eine klare Vergebungsbitte direkt an die Opfer. "Auch wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen", sagte Benedikt bei der abschließenden Messe zum "Jahr der Priester" auf einem sommerlich erhitzten Petersplatz vor rund 15 000 weiß gekleideten Geistlichen aus aller Welt. Es ist die bisher deutlichste Bitte um Vergebung des katholischen Kirchenoberhauptes.
Immer wieder hatte der deutsche Pontifex wie kaum ein anderer zu Buße und Null Toleranz gegenüber den Tätern sowie spiritueller Erneuerung innerhalb der Kirche aufgerufen. Der Verdacht des Kinderschänders, den so manch einer den Geistlichen heute pauschal entgegenbringt, sowie der zunehmende Vertrauensverlust in seine Kirche und nicht zuletzt ihn selbst, müssen Benedikt zu schaffen machen. Doch ob die Vergebungsbitte einen Wendepunkt darstellen kann, wenn auch nur in der Stimmung, bleibt abzuwarten. Denn während der Papst in seiner Vergebungsbitte auch die Priester verteidigt, fordern die Opfer Taten.
Ein bloßes "Mea Culpa" reiche nicht aus, hatten die katholischen Reformer von "Wir sind Kirche" schon vor der Abschluss-Zeremonie des Priesterjahres erklärt. Ein Schuldbekenntnis könne nur dann akzeptiert werden, "wenn wesentliche strukturelle Veränderungen in die Praxis umgesetzt werden, die effektiv die Gefahr des sexuellen Missbrauchs und ihre Verschleierung vermindern". Ähnliches forderte in den vergangenen Tagen auch die amerikanische Opfergruppe SNAP in einer Protest-Mitteilung an den Papst. Auch erste Kommentare aus der Politik gehen in dieselbe Richtung. "Entscheidend ist, dass die katholische Kirche nun auch handelt", kommentierte ein Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion am Freitag in Berlin.
Die päpstliche Vergebungsbitte fiel nicht von ungefähr auf den letzten Tag des Priesterjahres. Die furchtbaren Berichte über Missbrauch und Misshandlung hinter den Mauern von Kirchen und katholischen Einrichtungen hatten das im Juni 2009 als freudiges Großereignis der katholischen Welt ausgerufene Priesterjahr stark belastet. Der Priestermangel hatte bekämpft werden, das Image der Geistlichen gefördert werden sollen. Stattdessen muss der 83-jährige deutsche Pontifex nun auf ein weiteres schwarzes Jahr für sich und seine Kirche zurückblicken.
In einer Art Plädoyer bat er am Freitag nicht nur um Vergebung, sondern auch um Verständnis für das Priestertum. Dieses sei "nicht einfach "Amt", sondern Sakrament". Gott bediene sich bewusst "eines armseligen Menschen" als Sprecher. In dieser "Kühnheit Gottes" liege das "wirklich Große" des Priesteramtes. Das klingt wie eine Bitte um Nachsicht und Verständnis. Schon mehrfach hatte Benedikt betont, die Gläubigen müssten "unnachgiebig mit der Sünde, auch der eigenen", sein, doch "geduldig mit den Menschen".
Dass ausgerechnet das "Jahr der Priester" von den Skandalen überschattet wurde, wolle die Kirche schließlich als "Auftrag zur Reinigung, der uns in die Zukunft begleitet" annehmen. Wie diese Reinigung jedoch im Einzelnen aussehen wird, und wie das Vertrauen der Gläubigen zurückgewonnen werden soll, bleibt weiter offen.