Der amerikanische Politikwissenschaftler Samuel P. Huntington erregte mit seinem Buch "The Clash of Civilizations" 1996 weltweites Aufsehen. Im 21. Jahrhundert würden die Konflikte zwischen Staaten von einem "Kampf der Kulturen" abgelöst, prophezeite Huntington. Nach Ende des Kalten Krieges zwischen den Großmächten USA und Sowjetunion brächen bei abnehmender Bedeutung der Nationalstaaten statt ideologischer nun religiös, ethnisch und kulturell bedingte Gräben auf. Zukünftige Konflikte ergäben "sich wahrscheinlich aus dem Zusammentreffen von westlicher Arroganz, islamischer Unduldsamkeit und chinesischem Auftrumpfen". Huntington warnt den Westen vor dem Versuch, eine weltweit gültige Universalkultur durchzusetzen.
Die Kernthesen hatte der Harvard-Professor und damalige Berater des US-Außenministeriums bereits drei Jahre zuvor in einem Artikel der von ihm mitbegründeten Zeitschrift "Foreign Affairs" veröffentlicht. Die Diskussion des umstrittenen Schreckensszenarios hat sich vor allem nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 einseitig auf die Auseinandersetzung mit dem Islam verengt.
Huntington identifiziert jedoch insgesamt bis zu acht Kulturkreise, zwischen denen eine Verständigung auf universelle Werte wie den Menschenrechten nicht möglich sei. Diese Weltkulturen sind die westliche, die islamische, die chinesische, die japanische, die hinduistische, die russisch-orthodoxe sowie - mit Einschränkungen - die afrikanische und die lateinamerikanische. Der Konflikt zwischen dem Westen und dem Islam ist für Huntington also nur einer von mehreren möglichen.