Bundeswehr Sex nach Dienstschluss

Neue Sex-Regeln bei den Streitkräften: So lange es den Betrieb nicht stört, gewährt die Bundeswehr eine neue Freiheit: Sex in der Kaserne und in den Einsatzcamps.

Nachdem auch hohe Bundeswehrfunktionäre die alten Regeln als lebensfremd erkannt hatten, stellte Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan freizügigere und zeitgemäßere auf. Für den "Kuschel"-Erlass wie der neue Umgang mit der Sexualität in der Armee liebevoll genannt wird, gab Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) noch vom Krankenbett aus im Juli seinen Segen. Störungen wurden bisher nicht bekannt, bestätigte das Ministerium am Montag in Berlin.

Sex darf Betrieb nicht beeinträchtigen

Der Grundsatz lautet, dass Sex für das Dienstverhältnis nur dann von Bedeutung ist, wenn der Betrieb beeinträchtigt wird. Das wäre der Fall bei einer "nach außen hin wahrnehmbaren sexuellen Betätigung in dienstlicher Unterkunft". Wer aber leise und unauffällig liebt, wird nicht länger als Störenfried in der Bundeswehr gebrandmarkt und vor das Truppendienstgericht gezerrt. Geahndet werden natürlich nach wie vor sexuelle Übergriffe, sexuelle Belästung und Schädigung des Ansehens der Bundeswehr und der Kameradschaft.

Soldatinnen und Soldaten dürfen sich damit in Kasernen und während Auslandseinsätzen so verhalten wie im richtigen Leben. Ihre Liebe ist Privatsache und der Einflussnahme durch den Dienstherrn entzogen. Bisher mussten Partner in Militäranlagen getrennt leben. Nun werden Beziehungen toleriert. Das gilt auch für Homosexuelle und unterschiedliche Dienstgrade.

Damit geht Schneiderhan weit über das hinaus, was sein Vorgänger Harald Kujat Ende 2000 erlassen hatte. Kujat hatte zwar schon damals - in Anbetracht der Realität in der Bundeswehr - mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen verordnet, "das Ausleben von Sexualität jeglicher Orientierung innerhalb der militärischen Liegenschaften" aber weiter untersagt. Für Aufregung hatte er vor allem mit seiner Verbannung von Fotos reizvoller Frauen an den Spindtüren der Männer gesorgt. Damit wollte er die damals in die Bundeswehr erstmals eingezogenen Soldatinnen vor Peinlichkeiten schützen.

Hohes Maß an "Selbstdisziplin" erwartet

"Der neue Erlass greift gesellschaftliche und bundeswehrinterne Entwicklungen wie die Öffnung aller Laufbahnen für Frauen und Wünsche von Soldatinnen und Soldaten auf", sagt ein Ministeriumssprecher. Bestreben der Bundesregierung sei, der Fortentwicklung des Partnerschaftsrechts gerecht zu werden. In einem Punkt ähneln sich die Auflagen von Kujat und Schneiderhan. Kujat mahnte damals zur "Kultur der Zurückhaltung". Schneiderhan erwartet nun ein hohes Maß an "Selbstdisziplin".

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Kristina Dunz/DPA

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