Auf das Treffen in einem Berliner Hotel hat Jennifer Siemann sich lange vorbereitet. Einige ihrer Aussagen mussten vorab rechtlich abgeklärt werden. Zudem wollte sich die Sängerin und Schauspielerin ("Sturm der Liebe", "Bergdoktor") bei ihrem Management absichern. Nun stehen Brötchen, Mozzarella, Trauben und Kuchen auf dem Tisch. Bevor das Gespräch beginnt, zündet sie eine Kerze an – "gegen schlechte Vibes".
Die unangenehmen Gefühle verbindet Siemann besonders mit ihrer Zeit bei den Zeugen Jehovas. Der dogmatischen religiösen Gemeinschaft, die den Weltuntergang predigt, gehörte sie ihr halbes Leben lang an. Als sie die Zeugen Jehovas verließ, wurde Siemann von ihrer strenggläubigen Familie verstoßen. Das ist eine Erfahrung, die viele Aussteiger teilen.
Bislang hat Jennifer Siemann über diese Zeit und die damit verbundenen Traumata nie öffentlich gesprochen. Jetzt kommt ihre Geschichte heraus. "Ich arbeite über dieses Thema bereits an einem Filmstoff mit einer interessierten Produktionsfirma", sagt die 33-Jährige. "Bei den Zeugen Jehovas groß zu werden, ist meiner Meinung nach extremer psychischer Missbrauch. Das hat mit Religionsfreiheit nichts mehr zu tun."
Der stern hat auch ihre Eltern mit Aussagen und Vorwürfen aus diesem Interview konfrontiert. Anrufe blockten sie jedoch ab, schriftliche Fragen blieben unbeantwortet.
Frau Siemann, was bedeutet es, bei den Zeugen Jehovas groß zu werden?
Ich bin in die Gemeinschaft hineingeboren und zu einer gläubigen Anhängerin erzogen worden. Genau wie meine ältere Schwester. Meine ganze Familie ist heute noch bei den Zeugen Jehovas. Die Anhänger sind, von der Pflicht zur Missionierung abgesehen, total auf die eigene Gemeinschaft bezogen. Ich war meine Kindheit über ein Alien in der Schule. Nach außen fröhlich und offen, aber niemand hätte es geschafft, wirklich zu mir durchzudringen.