Viele Jahre war Luke Mockridge einer der erfolgreichsten Comedians Deutschlands. Im Alter zwischen Mitte 20 und Anfang 30 hatte er Primetime-Shows auf Sat 1, seine Tourneen waren ausverkauft. Mockridge wurde mit Auszeichnungen überhäuft, neben dem Bambi, dem Deutschen Fernsehpreis und dem Grimme-Preis gewann er sechsmal den Comedypreis, die wichtigste Auszeichnung der Branche.
Im Juli 2019 warf ihm seine Ex-Freundin, die Podcasterin Ines Anioli, vor, sie innerhalb der Beziehung vergewaltigt zu haben. Das von der Staatsanwaltschaft eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde zwar eingestellt, bestätigt durch die Generalstaatsanwaltschaft Ende 2020. Dennoch entwickelte sich in den sozialen Medien ein Shitstorm gegen ihn. Später berichtete der "Spiegel", Mockridge habe sich auch anderen Frauen gegenüber übergriffig verhalten. Sat 1 beendete die Zusammenarbeit, der Comedian zog sich zeitweise aus der Öffentlichkeit zurück.
Der stern trifft Luke Mockridge Mitte März im Konferenzraum eines Hamburger Hotels, der Comedian ist dafür aus Köln angereist. Bis es zu diesem Gespräch kam, vergingen Monate. Zuerst rieten Mockridges Anwälte ihm davon ab, dann seine Ärzte. Auch der stern hatte Bedenken. Ist es richtig, jemandem eine Plattform zu bieten, gegen den solch schwerwiegende Vorwürfe erhoben wurden?
Doch der prominente Fall ist eine Art Lehrstück: Wie geht die Gesellschaft mit einem Menschen um, der von den einen als Vergewaltiger, von den anderen als Opfer einer Hetzkampagne gesehen wird? Und der inzwischen wieder auf Deutschlands Bühnen steht, unschuldig oder nicht?
Der stern hat sich entschieden, seine Version der Geschichte zu hören und zu veröffentlichen. Selbstverständlich zeichnen wir auch Ines Aniolis Perspektive nach.
Herr Mockridge, wenn Sie spüren, dass Sie auf der Straße erkannt werden, ist das heute anders als vor vier Jahren?
Ja, ich habe immer kurz eine Art Stoppschild im Kopf. Ich frage mich: Was passiert jetzt? In 99 Prozent will mein Gegenüber ein Foto, aber manchmal wird auch gerotzt.