Breitensport in Elmshorn Flunkyball-Weltmeisterschaft: Das Strafbier steht so in den Regeln

Hoch die Flaschen: Seit 2013 wird in Elmshorn die Flunkyball-Weltmeisterschaft ausgetragen.
Hoch die Flaschen: Seit 2013 wird in Elmshorn die Flunkyball-Weltmeisterschaft ausgetragen.
In Elmshorn findet die Flunkyball-Weltmeisterschaft statt. Die Teams und Besucher saufen, brüllen – und essen vegetarische Burger. Trotz den unverantwortlichen Mengen an Bier möchte man fast sagen: An diesem Vatertag ist das Leben, wie es sein sollte.

"Wir wärmen uns grad auf", sagt Ewald, greift nach der Bierflasche zwischen seinen Füßen, führt sie gefährlich schnell zu seinem Mund und kippt. Seine drei Teamkollegen, die in einer Reihe neben ihm stehen, tun es ihm unisono nach. Einige Umstehende feuern sie dabei mit lauten Rufen an, dann brüllt ein Mitglied der gegnerischen Mannschaft: "Stopp!" Schnell setzt Ewald die Flasche ab, seine Augen tränen, sein Kopf ist hochrot. "Offiziell antreten dürfen wir aber leider nicht", keucht er. "Die Warteliste war zu lang." In Elmshorn ist Flunkyball-Weltmeisterschaft.

Flunkyball ist ein Trinkspiel, bei dem zwei Teams abwechselnd mit einem Ball auf eine Flasche zwischen ihnen werfen. Kippt sie dabei um, dürfen die Mitglieder des werfenden Teams von den Bieren, die vor ihnen stehen, trinken – solange bis das andere Team die Flasche in der Mitte wieder aufgestellt hat. Wessen Biere zuerst leer sind, gewinnt.

Das Spiel ist in der ganzen Republik beliebt, egal ob auf den Wiesen deutscher Unistädte, auf Festivals oder auf dem Dorf. So beliebt, dass es seit 2013 die Flunkyball-Weltmeisterschaft in Elmshorn gibt. Ausgerichtet wird sie dieses Jahr an einem Tag, der für Straßengewalt und betrunkene Männergruppen mit Bollerwagen steht: Vatertag.

Trefferquoten von über 70 Prozent

Veranstalter ist der Verein Flunkyball WM Elmshorn, der Austragungsort der Steindammpark, nahe dem Bahnhof. Für die Dauer der WM ist er in "Niel Eppenhofer Park" umbenannt worden, eine Person aus dem Kreis der Organisatoren. Anzutreffen ist er jedoch nicht. Er sei "auf Montage", erklärt Jonas Jensen, der heute dafür den Hut aufhat.

"Jedes Jahr melden sich mehr Teams an", erklärt Jensen. Dieses Mal gab es 64 Plätze, angemeldet hatten sich über 90 Teams. Die Veranstalter hätten gerne alle eingeladen, das hätte aber den Rahmen gesprengt. Schon jetzt tragen sie 104 Spiele aus. Allein die Vorrunde dauert bis in den späten Nachmittag, der Weltmeister wird erst am Abend feststehen.

Gute Chancen hat das Team "Die Schönen und das Bier". Die Mannschaft in den gelben Trikots hat den Titel bereits viermal in Folge gewonnen. Kapitän Mr. Jackpot gibt sich gelassen: "Klappt schon". Das erste Spiel gewinnen sie jedoch nur knapp. "Unsere Trefferquote liegt eigentlich bei 70 Prozent", erklärt der Kapitän nach dem Sieg. "50 Prozent sind auch okay, aber das wird heute hier nicht reichen."

Bier kann auch entspannen

Das Skilllevel ist insgesamt höher als auf den Wiesen deutscher Unistädte. Wenn ein Ball fliegt, fällt auch mit ziemlicher Sicherheit ein Bier. Hinter Suff, Spaß und Spiel hat die Flunkyball WM Elmshorn aber noch einen weiteren Effekt: Für die Dorfjugend der Region gab es bis zur ersten WM 2013 nur einen Ort, an dem sie sich zum Vatertag besaufen konnten: der Deich im 20 Kilometer entfernten Kolmar.

Dort trafen sich die Teenager der Region zu Tausenden. Die Mischung aus Alkohol, Pubertät und Hahnenkämpfen führte in den Abendstunden dann oft zu Gewalt und Schlägereien. Manches Jahr sperrte die Polizei den Deich gar ab, um dies zu vermeiden. Über die Jahre hat sich die Flunkyball-WM zu einem Ausweichort entwickelt, wo man mit Kontrolle dem Alkoholexzess nachgehen kann. Mit Ersthelferzelt, Security Dienst und auch der Polizei in gebührendem Abstand. Ein Konzept, das funktioniert.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Die Einsatzleiterin bestätigt den Trend: "Wir sind heute selbst in Kolmar gewesen. Dort war nur Tagestourismus und kein Sauftourismus. Ich war selbst verwundert." Dies kenne man auch anders. Die Veranstalter würden sich eng mit der Polizei abstimmen. Es sei insgesamt sehr gesittet. "Es wird aufgeräumt, die Leute haben ihren Spaß, so soll es sein."

Progressives Konzept

Dorf, Bier, Vatertag. Eigentlich wäre zu erwarten, dass es im Niel Eppenhofer Park nach Bratwurstaromen riecht. Doch: Die Burger, die die Besucher in Massen kaufen, sind vegetarisch, Kaffee, Waffeln und Kuchen kommen von den Food Sisters, zwei Frauen, die sich erst letztes Jahr selbstständig gemacht haben. Dass es an diesem Tag Momente gibt, in denen man sich trotzdem eine Bratwurst wünscht, lässt sich nicht verleugnen. Wirklich an dem für diesen Tag doch sehr progressiven Konzept zu stören, scheint sich aber auch niemand.

Auch für "Die Schönen und das Bier" läuft es gut: Die Titelverteidiger gewinnen ihr zweites Spiel, diesmal weitaus klarer. Eine Schiedsrichterentscheidung sorgt jedoch für wütende Zwischenrufe: "Die haben die Schiris doch auf ihrer Seite" brüllt ein junger Mann in pinkem Trikot vom Spielfeldrand. Teamkapitän Mr. Jackpot widerspricht: "Die haben noch nach dem Pfiff getrunken, das Strafbier kommt nicht von uns, so steht es in den Regeln."

Mit Hilfe eines marionettenartigen Gestells müssen Männer ein Bierglas auf einem Holzbrett zum Mund balancieren.
© stern.de
Bier-Galgen: Dieses Trinkspiel ist kaum zu schaffen

Am frühen Abend steht immer noch kein Sieger fest. Eigentlich sollte die K.o.-Runde um 18 Uhr beendet sein und der Weltmeister gekürt werden. Für die Besucher werden die Spiele mehr und mehr zu Nebensache, der Pegel steigt, die Veranstaltung franst aus. Auf den Wiesen und Wegen um den Niel Eppenhofer Park liegen erste von Bierkonsum Geschwächte. Trotzdem möchte man fast sagen: An diesem Vatertag in Elmshorn ist das Leben, wie es sein sollte.
Nach Acht steht dann auch der Sieger fest: Eintracht Flunkfurt ist neuer Weltmeister.