Wie reagiert man, wenn das eigene Kind plötzlich AfD-Parolen von sich gibt? Genau das fragte sich auch eine Autorin des stern. Sie war entsetzt, als ihr Sohn verkürzte, populistische und teils verschwörungstheoretische Ansichten vertrat, die er offenbar aus dem Podcast "Hoss & Hopf" und über Kurzvideos auf Tiktok aufgeschnappt hatte. Seitdem stehen die Podcaster bei so manchem in der Schusslinie. Aber wer sind überhaupt Kiarash "Hoss" Hossainpour und Philip Hopf? Und verbreiten sich wirklich Thesen, die gefährlich sind?
Kian Hossainpour: Vermeintlicher Krypto-Millionär mit 18
Kiarash, kurz "Kian", Hossainpour ist 24 Jahre alt, lebt derzeit in Dubai. Er hat iranische Wurzeln und beschäftigt sich laut eigener Aussage seit mehr als acht Jahren mit Kryptowährungen. Mit 18 will er schon Millionär gewesen sein. Auf Instagram inszeniert er sich als lockerer Typ mit breitem Grinsen. Seinen vermeintlichen Wohlstand stellt er gern zur Schau: Teure Autos und Hotels, im Mix mit pseudo-philosophischen Weisheiten. So posiert er etwa am Steuer eines Luxusautos mit dem Spruch "Es ist nur schwierig, weil du darüber nachdenkst, wie schwierig es ist." Subtext: Eigentlich ist es ganz einfach, reich und erfolgreich zu werden – du musst es nur machen wie ich.
Inzwischen bietet Hossainpour seine vermeintliche Expertise überwiegend auf Youtube an. Auf der Videoplattform tummeln sich tausende sogenannte Finfluencer. Vermeintliche Experten, die vorgeben, über ebenso schnelle wie risikolose Wege zu grenzenlosem Reichtum zu verfügen. Welche von ihnen seriös sind und welche nicht, lässt sich auf den ersten Blick nur schwer feststellen.
Hossainpour hat es offenbar geschafft, sich in diesem Umfeld zu behaupten. Er ist inzwischen einer der größten Finanz-Accounts auf Youtube, wirkt dabei im Vergleich zu anderen Finanz-Gurus durchaus seriös, fast schon schüchtern. Seine Videos sind schlicht gehalten, er trägt meist ein einfaches schwarzes T-Shirt und verzichtet auf Protz. Ein cooler Finanznerd, der es geschafft hat, so scheint es.
Philip Hopf: Libertärer Finanzanalyst und Untergangsprophet mit Hang zur Selbstdarstellung
Sein Podcastpartner Philip Hopf ist auf den ersten Blick das genaue Gegenteil. Auch er kommt aus der Finanzbranche, geboren wurde er in Stuttgart. Der 39-jährige Glatzkopf mit den markanten Brillen und der Vorliebe für extravagante Anzüge blickt laut eigenen Aussagen auf eine harte Kindheit zurück. Seine Eltern ließen sich scheiden, als er noch klein war. Er pendelte zwischen Gymnasium, Hauptschule und Internat, wo er rausflog, nachdem er drei Mal die elfte Klasse nicht schaffte. Danach habe er sich mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen, schließlich auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur und einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften gemacht
2008 machte er sich mit einer eigenen Analyse- und Beratungsfirma selbstständig. Seit 2010 bietet sein Unternehmen "HKCM" technische Marktanalysen in den Bereichen Aktien, Kryptowährungen, Rohstoffe und Edelmetalle an. Parallel zu seiner Unternehmerkarriere arbeitete Hopf an eigenen Social Media-Auftritten, landete ebenfalls auf Youtube, wo er laut und aggressiv für seine Videos wirbt. Ein rhetorischer Dampfhammer.
Hopf hat Talent: Er spricht schnell und pointiert. Kursverfall, Allzeithoch, Kursexplosion, Crash: Ständig ändert sich im Markt etwas, ständig müssen die Follower seine Videos gucken, um sofort reagieren zu können. Investments fast wie im Actionfilm.

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Besondere Aufmerksamkeit erregte Hopf, als er vor Kurzem gleich zweimal Hans-Georg Maaßen interviewte, den Vorsitzenden der Werteunion. Wobei der Ex-Präsident des Verfassungsschutzes, der mittlerweile von eben jener Behörde als rechtsextrem geführt wird, ausführlich die Gelegenheit bekam, seine kruden Thesen zu verbreiten und unwidersprochen etwa behaupten durfte, dass die Bundesregierung die aktuellen Massendemonstrationen gegen rechts "initiiert" habe.
"Hoss und Hopf": Von Finanzen und Selbstoptimierung zu Verschwörungstheorien
Seit September 2022 veröffentlichen Hossainpour und Hopf den gemeinsamen Podcast "Hoss & Hopf". Mindestens einmal in der Woche sprechen die beiden darin inzwischen nicht nur über die Finanzbranche, sondern über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen. Während die ersten Folgen noch Titel tragen wie "Macht selbstverdienter Wohlstand glücklich?" oder "Unsere privaten Routinen für Erfolg", entwickelte sich der Podcast im Laufe der Monate von den Themenschwerpunkten Selbstoptimierung und Finanztipps teilweise auch in verschwörungstheoretische Richtungen.
Ob Corona-Pandemie, das World Economic Forum (WEF) oder die Sprengung von Nord Stream 2: Nichts ist, wie es scheint, alles hängt mit allem zusammen, und die von "Hoss und Hopf" oft zitierten "Mainstream Medien" verschweigen den Bürgern ohnehin die wichtigsten Dinge, damit diese nicht aufbegehren.
Die Paar-Gespräche laufen oft nach dem gleichen Muster ab: Hossainpour ist meist in der Rolle des Fragenden, Hopf antwortet in teils minutenlangen Monologen. Er hat meist eine klare Meinung, begründet sie aber häufig mit einer endlosen Tirade aus Beispielen und Vergleichen. Hopf dreht sich oft rhetorisch im Kreis, begründet seine Ansichten dann häufig mit Behauptungen, die er ein paar Sätze zuvor selbst aufgestellt hat. Für ihn scheint festzustehen: Er ist der "normale Bürger" in einer Welt, die um ihn herum immer wahnsinniger wird.
Seine Botschaften drückt er regelmäßig zwischen den Zeilen aus. Er empfiehlt nicht, die AfD zu wählen, erklärt aber, die Ampelregierung habe versagt, die Union in der Ära Merkel ebenso, also gebe es ja ohnehin nur noch eine Partei, die man wählen könne. Hossainpour sitzt in diesen Situationen meist nur still da und nickt die Thesen seines Gegenübers ab.
Kritik, sie würden Ressentiments verbreiten und Falschinformationen streuen, tun sie ab. Ja, sie hätten Fehler gemacht, gaben sie in einer der letzten Folgen zu, manches sei überspitzt ausgedrückt gewesen, aber das sei ja kein Problem, da sie keine Journalisten seien. Ausgewogene Berichterstattung sei nur Aufgabe der "Mainstream-Medien".
Das Spiel mit der Zweideutigkeit und den Informationen zwischen den Zeilen ist offenbar ein Erfolgsrezept von "Hoss & Hopf". Wer die Anspielung versteht, gehört dazu. Ob das, worauf sie abzielt überhaupt stimmt, scheint nebensächlich.
Klicks mit Verschwörungsmärchen
Beim Blick auf den Verlauf der Klickzahlen auf Youtube wird deutlich, dass genau diese verschwörungstheoretischen Themen auf ihrem Kanal die meisten Klicks sammeln. Der "Great Reset", "Die mächtige Familie Rothschild", "Religion, Chemtrails und giftiges Leitungswasser" sind nur einige ihrer frühen Folgentitel, die 100.000 Aufrufe oder mehr haben.
Lagen die Zahlen Ende des vergangenen Jahres meist zwischen 60.000 und 80.000 Aufrufen, mit Ausreißern nach oben und unten, sind die Zahlen seit Januar geradezu explodiert.
Das kann auch mit einer Marketing-Strategie von "Hoss & Hopf" zu tun haben, die die Online Marketing-Plattform "OMR" als "Growth Hack" bezeichnet. Im Gegensatz zu anderen Podcastern oder sonstigen Medienschaffenden im Internet, spielen sie ihre Videos nicht einfach auf ihrem eigenen Kanal aus. Sie haben ein "Gewinnspiel" ins Leben gerufen, bei dem sie ihre Follower aufrufen, Videoschnipsel aus dem Podcast auf Social Media, insbesondere auf Tiktok zu posten. Die erfolgreichsten Videos werden mit Geld belohnt. Viele Fans beteiligten sich. Mittlerweile existieren Dutzende Accounts, die die Inhalte aus dem Podcast posten. Auch das ist der Grund, warum Tiktok in den vergangenen Monaten mit Inhalten von "Hoss & Hopf" überschwemmt wurde.
Haben die beiden sich diese Masche möglicherweise bei dem US-Influencer und mutmaßlichen Straftäter Andrew Tate abgeguckt? Dass die Strategie scheinbar funktioniert, zeigen auch die Podcast-Charts. Hier rangieren "Hoss & Hopf" derzeit auf den vorderen Plätzen. Wobei die Charts nicht die absoluten Hörerzahlen wiedergeben, sondern den Zuwachs an Abrufen.
Wie viele Menschen die Folgen des Podcasts tatsächlich hören, ist nicht klar. Streaming-Anbieter wie Spotify halten sich traditionell mit absoluten Zahlen bedeckt. Für "Hoss & Hopf" scheint das regelmäßige Gespräch sich aber zu lohnen – spätestens seit der Kritik an ihrem Podcast sind sie einer breiten Masse bekannt.