Kindesmissbrauch Papst will sich äußern - Pädophiler Priester suspendiert

Der auch für Papst Benedikt heikle Fall eines pädophilen Priesters im Erzbistum München hat zu personellen Konsequenzen geführt. Der Pfarrer wurde suspendiert, der Leiter des Seelsorgereferates trat zurück. Der Papst will sich bald in einem Hirtenbrief zum Missbrauch in der Kirche äußern - in der irischen Kirche.

Der umstrittene Einsatz eines als pädophil bekannten Priesters im Erzbistum München hat zu personellen Konsequenzen geführt. Der Mann wurde mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert, wie das Ordinariat am Montag mitteilte. Zudem trat der Leiter des Seelsorgereferates, Prälat Josef Obermaier, zurück. Er übernehme "damit die Verantwortung für gravierende Fehler in der Wahrnehmung seiner Dienstaufsicht", erklärte das Ordinariat. Der Fall ereignete sich, als Papst Benedikt XVI. Erzbischof von München und Freising war. Der Pontifex werde sich bald in einem Hirtenbrief zum sexuellen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen äußern, teilte der Vatikan mit.

Der Papst ist im Zusammenhang mit dem Fall des 1986 wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Priesters H. in die Kritik geraten. 1980, als Benedikt unter seinem Namen Joseph Ratzinger Kardinal in München war, hatte der heutige Papst dem Umzug des bereits damals aufgefallenen Priesters von Essen nach München sowie dessen Unterbringung in einem Pfarrhaus zugestimmt, wie vergangene Woche bekannt wurde. Der Mann sollte zur Therapie nach München kommen, wurde aber wieder in der Seelsorge eingesetzt. Von letzterem soll Ratzinger laut Ordinariat aber nichts gewusst haben.

Die jetzige Suspendierung des Priesters begründete das Ordinariat damit, dass er sich nicht an die ihm von der Kirche gemachte Auflage gehalten habe, nicht in der Kinder- und Jugendarbeit tätig zu werden. Das Ordinariat betonte zudem, dass es seit der Verurteilung des Mannes keine Hinweise auf neuerliche Missbrauchsfälle gebe.

Papst in Skandal zu ziehen "Zeichen von Barbarei"

Ob sich Benedikt XVI. in seinem angekündigten Hirtenbrief mit den Missbrauchsfällen in Deutschland befassen wird, ist noch offen. Der Brief werde sich an die irischen Bischöfe wenden und klare Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche beinhalten, sagte der Chef der päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Rino Fisichella, der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". In Irland ist Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche seit langem ein Thema. Zwei Untersuchungsberichte hatten im vergangenen Jahr tausendfachen Missbrauch von Kindern unter dem Dach der Kirche dokumentiert. Der Papst hatte irische Bischöfe deshalb vor Kurzem nach Rom zitiert.

Das Schweigen des Papstes zu den Missbrauchsfällen in der Kirche seines Heimatlandes sei auf die "Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit" des Pontifex zurückzuführen, mit der dieser sich ein Bild der Lage mache, betonte Erzbischof Fisichella. "Den Papst und die gesamte Kirche in die Missbrauchskandale hineinziehen zu wollen, ist ein Zeichen von Gewalt und Barbarei", kritisierte Fisichella allerdings scharf.

Thierse: "Kirche muss ehrlicher mit sich sein"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bewertet das Verhalten des Papstes unterdessen als Unterstützung für die deutschen Bischöfe. "Die Bundeskanzlerin begrüßt, dass der Heilige Vater die Notwendigkeit einer vollständigen Aufklärung dieser abscheulichen Taten ausdrücklich unterstrichen hat", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin. Für die Bundesregierung sei es ein gutes Zeichen, dass die Bemühungen der katholischen Kirche und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, "ausdrücklich die Rückendeckung des Vatikans haben". Die Regierung sei zufrieden mit dem, was Zollitsch an Botschaften aus dem Vatikan mitgebracht habe. Allerdings plädiert auch Merkel für eine gesellschaftliche Debatte zum Thema.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), der auch Mitglied im Zentralkomitee der Katholiken ist, bescheinigte dagegen der Kirche eine schwere Glaubwürdigkeitskrise. In der ARD sagte er: "Die Kirche muss mit sich ehrlicher und strenger sein; und das gilt natürlich auch für den Papst." Das Vertrauen in die Kirche sei schwer erschüttert: "Gerade für eine Institution, die moralische Autorität beansprucht, sind strengere Maßstäbe anzulegen - selbst wenn man weiß, dass es Kindesmissbrauch nicht nur unter dem Dach der Kirche gegeben hat."

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