Mit einem Kampfaufruf gegen Marxismus, aber auch gegen ungezügelten Kapitalismus hat Papst Benedikt XVI. seinen Besuch in Lateinamerika beendet. Beide Ideologien seien für die vielen Probleme auf dem Kontinent verantwortlich, sagte Benedikt zur Eröffnung der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida. Nach seiner dortigen Ansprache kehrte das Oberhaupt der Katholiken per Hubschrauber nach Sao Paulo zurück und bestieg dann ein Flugzeug zurück nach Rom.
Wenn immer der Marxismus seinen Weg in die Regierung gefunden habe, habe er nicht nur ein trauriges Vermächtnis von ökonomischer und ökologischer Zerstörung hinterlassen, sondern auch den Geist des Menschen zerstört, sagte der Papst. Er nannte keine Länder, auf die seine Aussage zutreffen könnte. In Lateinamerika wurden in letzter Zeit jedoch mehrfach linksgerichtete Regierungen ins Amt gewählt, insbesondere in Venezuela, Bolivien, Ecuador und Nicaragua.
Kritik gegen Empfängnisverhütung und Abtreibung
Der Papst geißelte allerdings auch ungezügelten Kapitalismus sowie die Globalisierung. Auch diese hätten zur Degradierung der menschlichen Würde geführt mit der Folge von Drogen, Alkohol und irrigen Vorstellungen des Glücks. Ebenso kritisierte Benedikt abermals Empfängnisverhütung und Abtreibung. Diese bedrohten die lebenswichtige Institution der Familie und damit die Zukunft der Menschen in Lateinamerika. Angesichts dieser Gefahren brauche die Region mehr gläubige Katholiken in Führungspositionen der Politik sowie in den Medien und Hochschulen, erklärte der Papst weiter. In einem Land mit so vielen getauften Christen sei es erstaunlich, dass diese in den gesellschaftlichen Schlüsselpositionen kaum vertreten seien. Hier sei mehr Engagement erforderlich.
Benedikt rief die Bischöfe zur Verteidigung der führenden Rolle der katholischen Kirche in der Region auf. Angesichts des wachsenden Einflusses von protestantisch-evangelikalen Religionsgemeinschaften in Lateinamerika, wo rund die Hälfte der Katholiken auf der Welt lebt, forderte er von den Priestern "wahrhaft missionarischen Eifer, um Glaube und Hoffnung zu verbreiten". Den protestantisch-evangelikalen Freikirchen warf der Papst eine aggressive Missionstätigkeit vor. Bezeichneten sich 1980 noch 89 Prozent der Brasilianer als Katholiken, so waren es 2000 nur noch 74 Prozent. Im gleichen Zeitraum wuchs der Anteil der Anhänger evangelikaler Gruppen von sieben auf 15 Prozent.