Zu wenig Schulen, zu wenig Lehrer, zu volle Klassenzimmer - zu Beginn des neuen Schuljahres sind in Berlin viele Probleme die alten. Und es sieht nicht so aus, als könnte sich das kurzfristig ändern: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der Hauptstadt steigt auf hohem Niveau weiter, wie Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch erläuterte.
Insgesamt sind es mit Beginn des neuen Schuljahres in der kommenden Woche berlinweit rund 408.000 an den allgemeinbildenden Schulen, öffentliche und private zusammengezählt. Die Zahl ist damit noch um gut 4.000 höher als im Jahr davor, als sie erstmals seit 25 Jahren wieder über die 400.000-Marke gestiegen war.
366.650 Kinder und Jugendlichen besuchen nach Ende der Sommerferien öffentliche allgemeinbildende Schulen. Günther-Wünsch wies darauf hin, dass die Zahlen dort besonders deutlich gestiegen sind. So waren es im Schuljahr 2014/2015 noch etwa 297.000 – rund 70.000 weniger als jetzt.
Senatorin warnt vor Einsparungen beim Schulbau
Eine Folge der Entwicklung ist der anhaltende Mangel an Schulplätzen – aktuell fehlen berlinweit rund 25.000. Das ist etwas weniger als im Jahr davor, dennoch sind viele Klassen weiter überbelegt.
Beim Schulbau dürfe deshalb auch künftig nicht gespart werden, sagte die CDU-Politikerin bei einem Besuch an einem Oberstufenzentrum in Berlin-Mitte. Sie warnte davor, hier mit Blick auf zurückgehende Zahlen an den Berliner Kitas zu bremsen.
Die Situation an den Schulen sei schon wegen der größeren Zahl von geflüchteten Kindern in schulpflichtigem Alter eine andere. Seit 2015 sind nach Angaben der Bildungsverwaltung mehr als 25.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche in Berlin zur Schule gegangen.
Inzwischen gibt es knapp 990 sogenannte Willkommensklassen für Kinder, die in der Mehrzahl noch keine oder wenig Deutschkenntnisse haben. Ende Juli waren gut 12.000 Schülerinnen und Schüler in solchen Klassen. An den Geflüchtetenunterkünften in Tegel und Tempelhof gibt es bereits eigene Willkommensschulen.

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Günther-Wünsch kündigte weitere Willkommensschulen an. Die nächste soll an der Hasenheide in Kreuzberg entstehen. Die Willkommensschule in Tegel soll dagegen umziehen. Die bisherige große Flüchtlingsunterkunft dort soll zum zentralen Ankunftszentrum für Geflüchtete umgebaut, dort sollen dann aber deutlich weniger Menschen untergebracht werden.
Unterm Strich werden in ganz Berlin mehr Schulen gebraucht - die Zahl der neuen Schulplätze hinkt dem Bedarf nach wie vor hinterher. Im Rahmen der 2016 gestarteten Schulbauoffensive sind zwar mittlerweile rund 50.000 Schulplätze neu geschaffen worden - aber das reicht nicht. Die Zahl der Schüler steigt bisher schneller als die der neuen Plätze.
Schulbau kommt nicht schnell genug voran
Zum Schuljahr 2025/2026 stehen gut 8.550 Schulplätze zusätzlich zur Verfügung. Allein durch neun Schulneubauten sind gut 5.700 Plätze entstanden, weitere mehr als 2.800 durch Erweiterungen an bestehenden Schulen.
Sowohl Neubau als auch Sanierungen und Erweiterungen von Schulen seien auch in Zukunft unverzichtbar, so die Senatorin. Für das nächste Schuljahr 2026/2027 sind entsprechend nach bisheriger Planung mindestens zehn weitere Schulneubauten vorgesehen.
Auch bei den Lehrkräften gibt es noch Probleme: Günther-Wünsch zufolge sind derzeit 640 Lehrerstellen nicht besetzt, die eigentlich besetzt sein sollten. Allerdings sei die Zahl nicht belastbar - in den kommenden Wochen seien noch Einstellungen möglich.
Aus der Opposition gab es bereits Kritik an der Größenordnung: Die Linke im Abgeordnetenhaus geht davon aus, dass an Berliner Schulen zum neuen Schuljahr sogar 1.500 Lehrkräfte fehlen.
Seit Langem gibt es deshalb parteiübergreifend die Forderung, mehr auszubilden. An den Berliner Schulen sind nach Angaben der Bildungssenatorin im neuen Schuljahr etwa 3.130 Referendarinnen und Referendare beschäftigt. Mehr als die Hälfte davon sind Quereinsteiger, haben also kein Lehramtsstudium abgeschlossen.
Pflichtschuljahr soll Jugendlichen bei der Berufsorientierung helfen
Positiv sieht Günther-Wünsch den Start des neuen 11. Pflichtschuljahres für Schülerinnen und Schüler, die nach der 10. Klasse nicht wissen, wie es weitergeht, zum Beispiel, weil sie keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
An 15 Oberstufenzentren stehen dafür 900 Plätze zur Verfügung - wie viele davon im neuen Schuljahr besetzt sein werden, ist allerdings noch offen. Um die 800 Jugendliche haben sich angemeldet.
Günther-Wünsch betonte, das neue Pflichtschuljahr solle ihnen vor allem helfen, sich beruflich zu orientieren. Dafür setzen die Schulen auf praxisnahen Unterricht, individuelle Förderung und Betriebspraktika.
An den 15 Oberstufenzentren soll es dafür kleine Lerngruppen mit intensiver Betreuung geben, zusätzliche Angebote an Schulsozialarbeit und eine enge Begleitung durch die Jugendberufsagentur. Wie viel das tatsächlich bringt, dürfte eine der Fragen sein, die Günther-Wünsch beantworten muss, wenn das neue Schuljahr zu Ende geht.