Kampf gegen Wohnungsnot Hessen will spekulativem Leerstand den Riegel vorschieben

Nach Worten von Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) standen 2022 mehr als 122.000 Wohnungen in Hessen leer. (Symbolbild) Fo
Nach Worten von Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) standen 2022 mehr als 122.000 Wohnungen in Hessen leer. (Symbolbild) Foto
© Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Hessen plant neue Regeln für leerstehende Wohnungen. Wer dringend benötigten Wohnraum absichtlich blockiert, dem droht ein Bußgeld. Heute könnte das Gesetz den Landtag passieren.

Es sind bekannte Szenerien in hessischen Städten: Häuser mit teils einer Vielzahl an Wohnungen stehen jahrelang leer. Die oft verwahrlosten Gebäude geben kein schönes Bild ab. Zudem herrscht vielerorts Wohnungsnot - der Wohnraum würde dringend benötigt. Die Gründe für einen Leerstand können vielfältig sein. Dem spekulativen Leerstand will Hessen nun einen gesetzlichen Riegel vorschieben - und den Kommunen neue rechtliche Möglichkeiten geben. Ein entsprechendes Gesetz wird voraussichtlich heute im Landtag verabschiedet. Die Meinungen über die neuen Regeln gehen bei den Parlamentariern auseinander. 

Warum plant Minister Kaweh Mansoori ein solches Gesetz?

Wirtschaftsminister Mansoori verweist auf Daten aus dem Jahr 2022, wonach mehr als 122.000 Wohnungen in Hessen leer standen – gut die Hälfte davon länger als ein Jahr. Nach Daten aus dem Zensus gab es in Frankfurt fast 13.000 leerstehende Wohnungen, in Wiesbaden standen nahezu 5.000 Wohnungen leer und in Darmstadt mehr als 3.000 Wohnungen, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht.

"In Zeiten, in denen Menschen in Städten und Ballungsgebieten händeringend nach bezahlbaren Wohnungen suchen, ist das eine Zumutung", sagte SPD-Minister Mansoori. Es geht ihm um Immobilien, die Eigentümer trotz Nachfrage bewusst leer stehen lassen, da sie zum Beispiel auf steigende Kaufpreise spekulieren.

Was sieht die neue Regelung konkret vor?

Wer Wohnraum dem Markt bewusst entziehe, muss künftig mit Konsequenzen rechnen, sprich mit Bußgeld: "Wir geben betroffenen Kommunen ein rechtssicheres Werkzeug an die Hand, um Leerstand zu erfassen und wirksam zu sanktionieren", erklärte Mansoori. 

Der Leerstand von Immobilien soll gesetzlich auf maximal sechs Monate begrenzt werden. Ausnahmen soll es bei "schutzwürdigen privaten Interessen" geben - etwa bei laufenden Sanierungen, beantragten Umbauten, Erbstreitigkeiten oder einem "besonderen räumlichen Näheverhältnis" wie einer Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus. Leerstände von mehr als einem halben Jahr müssen künftig genehmigt werden, es gibt Kontrollen.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Wo genau soll das Gesetz greifen?

Es geht um Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt. Sie sollen mit dem Gesetz ein Instrument an die Hand bekommen, um für mehr Wohnraum zu sorgen. Betroffene Kommunen können künftig Leerstandsatzungen erlassen. 

Wie sieht die Landtagsopposition das Gesetz?

FDP-Fraktionschef Stefan Naas hatte bei den Beratungen im Landtag Anfang Oktober von einem der schlechtesten Gesetze dieser Legislaturperiode gesprochen. Bei sehr wenigem Leerstand in Hessen fördere es Denunziantentum, verunsichere Vermieter mit Bußgelddrohungen und gebe dem Staat unverhältnismäßige Betretungsrechte bei Wohnungen. 

Die Grünen-Abgeordnete Mirjam Glanz bezeichnete es als richtig, gegen spekulativen Leerstand mit einem neuen Gesetz vorzugehen. Der vorliegende Entwurf habe allerdings zu viele Ausnahmeregelungen zugunsten von Eigentümern. Die AfD-Parlamentarierin Anna Nguyen sprach von einem massiven Eingriff in die Eigentumsrechte.

dpa