Sexuelle Übergriffe Anonyme Spurensicherung - wie sie von Frauen genutzt wird

Opfer sexualisierter Gewalt können Spuren im Universitätsklinikum Jena sichern lassen. (Symbolbild) Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Opfer sexualisierter Gewalt können Spuren im Universitätsklinikum Jena sichern lassen. (Symbolbild) Foto
© Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in Thüringen 137 Vergewaltigungen und schwere sexuelle Übergriffe. Die Dunkelziffer ist hoch. Seit diesem Jahr haben Betroffene eine Anlaufstelle in Jena.

Opfer von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen haben in Thüringen die neue Möglichkeit einer vertraulichen Spurensicherung im Universitätsklinikum Jena genutzt. Im ersten Halbjahr sei in sechs Fällen eine anonyme Spurensicherung vorgenommen worden, ausschließlich bei weiblichen Opfern, teilte das Thüringer Sozialministerium auf Anfrage in Erfurt mit. In weiteren fünf Fällen hätten sich Betroffene persönlich oder beispielsweise über die Opferhilfeorganisation Weißer Ring in der Universitätsklinik gemeldet und beraten lassen. 

Nach Angaben von Sozialstaatssekretärin Tina Rudolph wurde die Möglichkeit der anonymen Spurensicherung Ende 2024 durch Verträge mit den Krankenkassen in der Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena geschaffen. Es gehe dabei um die Beweissicherung in Fällen sexualisierter Gewalt und bei Misshandlungen. Opfer müssten nicht sofort Anzeige erstatten - die Proben zur rechtssicheren Beweissicherung würden mindestens drei Jahre aufbewahrt. Viele Opfer scheuen sich, die Vorfälle direkt anzuzeigen. 

Mehr Anlaufstellen in Kliniken landesweit 

Die Linke-Fraktion hatte die Situation bei der vertraulichen Spurensicherung kürzlich im Thüringer Landtag thematisiert. Mit Verweis auf Brandenburg mit 13 einbezogenen Kliniken verlangte die Linke-Abgeordnete Lena Saniye Güngör eine Ausweitung des Angebots auch im Freistaat. 

Nach Angaben der Staatssekretärin ist das geplant. Unter Federführung des Universitätsklinikums soll bis Ende September 2026 eine flächendeckende dezentrale Struktur zusammen mit anderen Kliniken geschaffen werden. Es soll für Betroffene Anlaufstellen in Kliniken in Ost-, Nord-, Süd- und Westthüringen sowie der Landeshauptstadt Erfurt geben. 

137 schwere sexuelle Übergriffe im Vorjahr registriert

Bisher erfolgt die anonyme Spurensicherung ausschließlich über die Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena. Die Kosten für die Untersuchungen oder Beratungen würden von den Krankenkassen getragen. Das Land übernehme unter anderem die Kosten für Rufbereitschaften sowie für die Fahrten zu Betroffenen, bei denen Spuren außerhalb von Jena gesichert werden sollen. Thüringen habe im Haushaltsentwurf für 2026/27 die Mittel so kalkuliert, dass auch die Kosten für Opfer, die nicht gesetzlich versichert seien, abgedeckt werden könnten, so die Staatssekretärin. 

Laut polizeilicher Kriminalstatistik gab es im vergangenen Jahr 137 registrierte Fälle von Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen. Das war ein Anstieg von knapp 46 Prozent zum Jahr 2023. Laut Sozialministerium zeigte die gestiegene Zahl an Fällen auch, dass die Bereitschaft von Opfern körperlicher Gewalt, diese Straftaten anzuzeigen, gestiegen ist. Insgesamt werde nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer sexueller Gewalt ausgegangen.

dpa