Nach seiner Festnahme wird der Lagerkommandant Höß vom Massenmörder zum eilfertigen Chronisten des Holocaust.
Dieser Text stammt aus dem Archiv und erschien im Jahr 2015 im stern. Anlässlich des Auschwitz-Films "The Zone of Interest", der vom Leben der Familie Höß erzählt, veröffentlichen wir das Stück an dieser Stelle erneut.
Noch im Angesicht des Todesurteils legte er Wert auf die Feststellung, er habe "nie einen Häftling misshandelt oder gar getötet" und auch "persönlich nie Juden gehasst". Derlei Bekenntnisse verfasste Rudolf Höß nach Kriegsende in einem Krakauer Gefängnis. Der frühere SS-Obersturmbannführer erwartete im Herbst 1946 seinen Prozess vor dem Obersten Volksgericht Polens und wusste, mit welchem Urteil er rechnen musste.