"Bei den Kindern geht es doch schon los", sagt Iva Samina, Sexologin, somatische Bodyworkerin und Tantramasseurin aus Berlin. "Die ersten ein, zwei Jahre lassen wir sie noch nackt herumlaufen und frei sein. Aber wenn sie dann anfangen, an ihren Penissen oder Vulven herumzuspielen, sind die Erwachsenen überfordert." Es ist ein spätes Telefongespräch, Iva ist in Sri Lanka, ich bin in Hamburg. Eigentlich wollte ich mit ihr über Tantra sprechen, aber wir landen schnell bei einer Art Gesellschaftskritik. Auf beiden Seiten Verdruss über eine gelebte Doppelmoral. Über den Großteil der Menschen, die Pornos konsumieren, aber nur heimlich. Die Nacktheit an FKK-Strände verbannen, als sei es etwas Unnatürliches, Schmutziges. Eltern, die ihren Kindern verbieten, sich anzufassen und sich, wenn keiner hinsieht, im Badezimmer selbstbefriedigen.
Wie wir von Tantra dorthin gekommen sind? Mit der Klärung eines großen Missverständnisses. Tantra, dachte ich, ist Sex. Natürlich anderer Sex als der, den die meisten von uns leben. Ein Spiel von Minuten, das mit dem Orgasmus endet. Nein, ich dachte es sei sehr langsamer, sehr intimer und gefühlvoller Sex. Aber immer noch Sex. "Tantra ist viel mehr als das", sagt Iva.