"Ich möchte polyamor leben." Den Wunsch höre ich immer öfter. Bei Freundinnen, im Coaching, bei Instagram. Einerseits kann ich ihn gut verstehen, andererseits wissen die wenigsten, was da auf sie zukommt.
Ich wusste es ehrlich gesagt auch nicht, bis ich ein Abendessen mit Martina und Peter hatte. Beide sind in ihren 60ern und haben sich nach ihrer Scheidung, als die Kinder groß und aus dem Haus waren – kennen und lieben gelernt. Sie sind miteinander verheiratet und leben offen polyamor. Ich war Feuer und Flamme und habe die beiden beim Dinner beim Inder Löcher in den Bauch gefragt.
Das ungewöhnliche Paar hat acht Kinder (nicht zusammen) und bereits Enkelkinder. Peter genießt bis zu vier Beziehungen gleichzeitig – auch zu Männern. Und Martina pflegt neben ihrem Ehemann noch eine Fernbeziehung zu einer Frau. Sie leben also offen "poly". Das bedeutet, dass es neben ihrer Hauptbeziehung noch weiter Liebespartner:innen gibt. Die anderen sind dabei jedoch keine Affären, sondern wirkliche Beziehungen. Alle wissen voneinander und sind fein damit.
Polyamorie erfordert viel Ehrlichkeit
Ich bin tief beeindruckt. Ihr Liebesleben scheint so aufregend, abwechslungsreich und selbstbestimmt. Jeder liebt, wie er oder sie mag. Jeder darf sich sexuell ausleben und einlassen. Verliebtsein, neue Praktiken, andere Geschlechter – es fühlt sich wie ein riesiger Abenteuerspielplatz an.
Doch die beiden winken bei meiner Euphorie ab.