Sommerzeit Bitte Uhren umstellen

In der gesamten EU werden an diesem Sonntag die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Um genau 01.59.59 Uhr springen die Zeiger um eine Stunde auf 3.00 Uhr vor, die Nacht wird also eine Stunde kürzer - zum Leidwesen der Bauern.

Über alle Zeitzonen hinweg wird alle halbe Jahre von Menschenhand am Rad der Zeit gedreht. Im 18. Jahrhundert als spaßiges Gedankenkonstrukt entworfen, wurde die künstlich geschaffene Sommerzeit erstmals 1916 in Deutschland und anderen europäischen Staaten eingeführt. Das Ziel Energie zu sparen, wurde nicht erreicht. Am Ostersonntag werden die Uhren erneut europaweit um eine Stunde vorgestellt. Obwohl der Nutzen umstritten ist, plädieren deutsche und europäische Behörden weiter für die Zeitumstellung.

Energieeinsparungen trafen nicht ein

Sowohl der Erfinder, Benjamin Franklin (1709-1790), als auch die Akteure der folgenden Jahrhunderte gingen bei ihrem Plädoyer für die Sommerzeit von einem enormen Energie-Sparpotenzial aus. "Die erhofften Stromeinsparungen haben sich aber gesamtwirtschaftlich nicht realisiert", sagt eine Sprecherin des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW). Nutznießer der Regelung ist das Gaststätten- und Freizeitgewerbe.

Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums (BMI), der für die Sommerzeit zuständigen Behörde, ist der wirtschaftliche Effekt unter dem Strich positiv. Vor allem für die Tourismusindustrie in Südeuropa hätte die Abschaffung der Zeitumstellung Konsequenzen, stellt die Europäische Kommission für Transport und Energie fest. Verlässliche Studien über die Auswirkungen der Sommerzeit in der Euro-Zone gibt es allerdings nicht.

Die Gastronomie freut's

Der Gastronomie beschere die Sommerzeit Umsatzsteigerungen, da Cafés und Biergärten in den Abendstunden mehr Gäste haben, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (dehoga), Stephan Büttner. "Wir sind uneingeschränkt für die Sommerzeit." Nur hätten konsequenterweise mit deren Einführung auch die Sperrzeit-Vorschriften gelockert werden müssen. "In vielen Kommunen werden draußen um 22.00 Uhr die Tische hochgeklappt, obwohl es taghell und warm ist."

Aus medizinischer Sicht sei die Sommerzeit Unsinn, sagt der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums des Universitäts- und Bezirksklinikums Regensburg, Jürgen Zulley. Für den Organismus des Menschen sei die halbjährliche Störung des Bio-Rhythmus eine nicht zu unterschätzende Belastung. Nach einer Studie des Instituts nimmt wegen Müdigkeit und Konzentrationsstörungen die Zahl der Verkehrsunfälle an den Tagen nach dem Zeitsprung zu. Auch beim BMI häufen sich die Beschwerden über Schlafstörungen und gesundheitliche Probleme. So weit wie der russische Astronom Wjatscheslaw Aprelew wollen die deutschen Wissenschaftler jedoch nicht gehen. Der WDR berichtete über eine Studie, in der Aprelew festgestellt, nach der Zeitumstellung sinke die Zeugungsfähigkeit der Russen deutlich.

Der Deutsche Jagdschutzverband (DJV) warnte vor einer höheren Gefahr von Wildunfällen. Der morgendliche Berufsverkehr falle nach der Zeitumstellung in die Frühdämmerung, in der vermehrt Wildtiere unterwegs seien. Autofahrer sollten dann verstärkt auf das Gefahrenzeichen "Wildwechsel" achten und besonders in Waldgebieten die Geschwindigkeit drosseln, teilte der Verband mit. Gründe für Wildunfälle seien häufig überhöhte Geschwindigkeit.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Bauern mögen Sommerzeit nicht

Landwirte sind nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes auf die Sommerzeit nicht gut zu sprechen. Im Frühjahr fehle den Kühen bei der Umstellung eine Stunde zur Milchproduktion, im Herbst seien die Euter morgens zu prall gefüllt. Auf bis zu acht Prozent des üblichen Ertrags beziffert der hessische Landwirt Arnold Velte aus Wehrheim den Verlust. "Ich kann auch gut ohne Sommerzeit leben." Andere Bürger kämpfen mit praktischen Problemen. Die nach Bahn-Angaben rund 15 Nachtzüge fahren in der Nacht der Umstellung zwar regulär ab, sind jedoch mit dem Wechsel zur Sommerzeit schlagartig eine Stunde verspätet. Bei Anschlusszügen und dem grenzüberschreitenden Verkehr müssten sich die Reisenden auf Schwierigkeiten einstellen. Kaum Probleme dagegen verursache die Justierung der 120.000 Bahn-Uhren, die mit einem Funksignal gestellt werden.

Die Mitarbeiter der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, dem offiziellen Zeitgeber für Deutschland, bleiben angesichts der Aufgabe, pünktlich auf Sommerzeit umzustellen, gelassen. "Unsere Atomuhr ist an einen Computer angeschlossen. Das geht alles automatisch", sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter Dirk Priester.

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Arved Gintenreiter/DPA