Das Urteil eines Jugendgerichts sorgt in Italien für Aufruhr: Richter in Turin haben ein 16 Monate altes Mädchen zur Adoption freigegeben, weil es die Eltern für zu alt hält. Wie die Presse am Freitag berichtete, warfen die Richter dem 70 Jahre alten Angestellten Luigi De Ambrosis und seiner 57-jährigen Frau Gabriella Narzissmus vor. Sie hätten sich niemals Gedanken darüber gemacht, dass ihre mit Hilfe von künstlicher Befruchtung gezeugte Tochter bereits in jungen Jahren Waise sein könnte. Die vier Richter beschuldigten die Eltern, die enormen Möglichkeiten der Gen-Medizin missbraucht zu haben. Die Anwälte des Paars wollen gegen das Urteil Berufung einlegen.
Die Eltern sagten vor Gericht, ihre Tochter sei eine "Frucht der Liebe" und das wahre Opfer des Richterentscheids. Das Paar hatte 1990 geheiratet, damals war die Bibliothekarin 36 Jahre alt. Jahrelang versuchte sie vergeblich, auf natürlichem Weg schwanger zu werden, zwei Adoptionsanträge in den Jahren 1999 und 2003 wurden abgelehnt. Daraufhin entschloss sich das Paar zur künstlichen Befruchtung mit Hilfe eines Samenspenders im Ausland.
Eltern droht auch Prozess wegen Vernachlässigung
Im Mai 2010 kam das in den Medien "Viola" genannte Mädchen in Turin auf die Welt. Doch schon einen Monat später wurde es von dem Jugendgericht in eine Pflegefamilie gegeben, nachdem Nachbarn die Eltern angezeigt hatten, weil sie das Baby eine halbe Stunde lang allein im Auto gelassen hatten. Ihnen droht deshalb ein weiterer Prozess wegen "Vernachlässigung einer Minderjährigen".
Die Entscheidung des Jugendgerichts löste in Italien eine scharfe Debatte aus. Liliana Cantadori, die 1993 als eine der ersten Italienerinnen mit 61 Jahren per künstlicher Befruchtung einen Sohn bekam, sagte der Zeitung "La Stampa", für ihren Jungen sei es "nicht immer einfach" mit einer so alten Mutter. Doch sie bedauere den Schritt nicht, versicherte die heute 79-Jährige.