"Winnetou"-Debatte Schluss mit der Aufregung – die Lösung ist so einfach!

Lex Barker und Pierre Brice in einer "Winnetou"-Verfilmung
Lex Barker und Pierre Brice in einer "Winnetou"-Verfilmung
© Mary Evans / Allstar / Imago Images
Die Debatte um Winnetou tobt seit ein paar Tagen – und ich habe sie mit Verwunderung verfolgt. Es wird Zeit, den Mund aufzumachen, denn: Es geht nicht um das Verbot vemeintlichen Kulturguts, sondern um die richtige Einordnung – die die weiße Mehrheitsgesellschaft (einmal mehr) nicht hören will.

Darf man noch Indianer sagen? Kann man heutzutage Bücher lesen, die im 19. Jahrhundert verfasst wurden und den Ton der damaligen Zeit treffen? Hilft es der Debatte, wenn sich Menschen äußern, die nicht zur Gruppe der Betroffenen gehören? Dies sind Fragen, die mich seit ein paar Tagen mal wieder stark beschäftigen. Und wie es immer so ist: Es wird keine endgültige Antworten darauf geben.

Zunächst zu mir: Meine Wurzeln liegen in der Hochkultur der Inka. Ich bin in Peru geboren worden. Und stolz auf meine Herkunft, die so sichtbar ist, wenn ich in den Spiegel sehe. Aber nein, ich habe weder die "Winnetou"-Bücher gelesen, noch die dazugehörigen Filme gesehen. Aus diesem Grund habe ich mich anfangs zurückgehalten, ich kann mir inhaltlich einfach keine Meinung erlauben. Wenn das mal jeder so handhaben würde ... Trotzdem empfinde ich es als wichtig, mich auf eine übergreifende Weise zu äußern: Denn aus der Debatte können wir alle lernen, profitieren und ich als Betroffene habe einen sehr persönlichen Blick, der helfen kann. 

"Winnetou"-Debatte: Die Aufmerksamkeit ist gut, aber sie wird von einigen verkürzt

Ich bin froh über die Auseinandersetzung, denn Personen indigener Herkunft werden in Deutschland sehr selten thematisiert. Wir haben keine große Lobby in diesem Land. Aus diesem Grund ist es gut, dass man sich mit der Geschichte der indigenen Völker beschäftigt und Betroffene wie Experten in den Mainstream-Medien, wie hier beim stern, zu Wort kommen. 

Ich habe allerdings ein Problem damit, wenn Menschen die notwendige Debatte darauf reduzieren, dass man ihnen ihr Kulturgut "Winnetou" und Autor Karl May verbieten wolle. Die Äußerungen von Uschi Glas und Sigmar Gabriel sind daher nahezu irrelevant. Es ist zur Unsitte geworden, dass eine Kritik auf "cancel culture" einer "woken" Bewegung beschränkt und damit nicht ernst genommen wird. Es geht doch nicht darum, dass niemals mehr jemand ein "Winnetou"-Buch in die Hand nehmen soll. In diesem Fall geht mir der Ravensburger-Verlag auch zu weit. Vielmehr sollte es uns als diverser Gesellschaft darum gehen, einander aufzuklären. Es wäre doch wunderbar, wenn Schauspieler Tim Oliver Schultz, der im neuen "Winnetou"-Film mitspielt, mit seinen jungen Co-Stars und einem indigenen Influencer wie "Eagle Blackbird" kindgerecht über das echte Leben der Natives in Amerika spricht. Außerdem könnte jedes "Winnetou"-Buch, egal ob für Jung oder Alt gedacht, mit einem Extra-Kapitel zur Geschichte der indigenen Völker ausgestattet werden.  

Lasst die Hitze aus der Debatte – werdet konstruktiv!

Die Hitze sollte aus dieser Debatte verschwinden, damit sie wirklich konstruktiv wird. Und das Wichtigste: Hört den Betroffenen zu. Es ist der falsche Ansatz, wenn Nicht-Betroffene meinen zu wissen, was Menschen wie ich fühlen und denken sollten. Das gilt für die, die Kritik herunterspielen, genauso wie für jene, die aus Übervorsichtigkeit Bücher und Filme verbieten wollen.

Die Geschichten der Indigenen auf der ganzen Welt müssen und sollen (weiterhin) erzählt werden. Ich erlebe es als eine Bereicherung, dass sehr viele Menschen sensibler mit Minderheiten umgehen. Aber dies ist eine Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte und daran kann und darf man Werke aus der weiteren Vergangenheit nicht messen. Klüger ist es, diese mit Aufklärung zu ergänzen. So leben Kulturgüter weiter und entwickeln sich mit der Menschheit.