Krankenkassenchef prangert an Jeder zweite Arztbesuch ist unnötig - und schuld sind die Hausärzte

Die Deutschen gehen viel zu oft zum Arzt - und vor allem zu den falschen.  Das sagt der Chef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) in einem Interview. Die Schuld schiebt er den Hausärzten zu.

Patienten in Deutschland gehen nach Darstellung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) doppelt so häufig zum Arzt wie eigentlich nötig. "Wir haben nicht zu wenig Ärzte, sondern zu viele Arztkontakte", sagte KKH-Vorstandschef Ingo Kailuweit der "Bild"-Zeitung. "Die Hälfte dieser Arztbesuche ist überflüssig." Nicht Vermittlungs-, sondern Verteilungsprobleme seien der Grund für fehlende Facharzttermine.

Den Fehler im System hat Kailuweit bei den Hausärzten ausgemacht. "Hausärzte halten ihre Patienten zu lange. Sie haben Angst, Patienten zu verlieren, wenn sie Überweisungen schreiben", sagte der Krankenkassenchef. Die Folge: Patienten werden häufig nicht schnell genug vom passenden Arzt behandelt. 

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Hausärzte als Lotsen im System

Um die Patienten schneller zum richtigen Arzt zu verweisen, schlägt der KKH-Boss vor, die Hausärzte "zum Lotsen im System" zu machen. Bei ihm müssten alle Informationen zusammenlaufen: "Seine Krankenakten, seine Medikation, seine Überweisungen."

Kailuweit warf Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor, Strukturreformen zur Lösung solcher Probleme zu vernachlässigen. Dass es kaum Kritik an der Gesundheitspolitik der Regierung gebe, liege daran, dass der Arbeitgeberanteil am Kassenbeitrag festgeschrieben sei. Im laufenden und kommenden Jahr rechnet Kailuweit mit einer Kostensteigerung für die gesetzlichen Krankenkassen von 4,5 Milliarden Euro. "Das hätten die Arbeitgeber nie zugelassen, wenn sie die Hälfte davon hätten zahlen müssen", sagte der Krankenkassen-Chef.

DPA
bak

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