Bonner Epileptologen haben zum ersten Mal ein Gen identifiziert, das bei der idiopathischen (nicht durch äußere Einflüsse hervorgerufenen) Epilepsie eine Rolle spielen könnte. Verantwortlich ist ein Gen namens CLCN2, dessen Defekt zu Fehlern in bestimmten chemischen Mechanismen des Gehirns führt. In der Folge kommt es zu einer Übererregbarkeit der Nervenzellen.
CLCN2 ist ein Gen, das die Information für einen Chlorid-Kanal enthält. Eine Mutation in diesem Gen hat zur Folge, dass sich die Durchlässigkeit des Kanals für Chlorid-Ionen erhöht. Es strömt mehr Chlorid in die Nervenzellen ein, was sich wiederum sich auf den Botenstoff Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) auswirkt. Normalerweise hat GABA einen hemmenden Einfluss auf die Nervenzelle. Im Fall eines Gen-Defektes von CLCN2 allerdings ist das Resultat eine allgemeine höhere Erregbarkeit der Zelle, bedingt durch die Verminderung des GABA-Effektes. Elektrische Impulse zwischen den Nervenzellen können sich dann unkontrolliert ausbreiten. Es kommt zu epileptischen Anfällen, schreiben die Forscher der Universität Bonn im Fachblatt Nature Genetics.
Im Zuge der Studie untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 46 Familien, in denen mindestens zwei Mitglieder an einer idiopathischen Epilepsie erkrankt waren. Idiopathische Epilepsien beginnen im Kindes- und Jugendalter und treten familiär gehäuft auf, die Veranlagung hat demnach eine genetische Komponente. "Bei drei dieser Familien war das Gen für den Chlorid-Kanal mutiert. Die erkrankten Familienmitglieder hatten jeweils das defekte Gen vererbt bekommen, die Gesunden dagegen nicht", erklärt Studienleiter Armin Heils von der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn. In einer der Familien war der Kanal trotz der Mutation z.T. noch funktionsfähig. Die Erkrankten hatten seltener epileptische Anfälle, die zudem schwächer verliefen als bei den Untersuchten der beiden anderen Familien. Bei den 360 Kontrollpersonen fanden die Forscher hingegen keine Veränderungen des Kanal-Gens.
Die Epileptologen können durch die Kenntnis der für eine Epilepsie verantwortlichen Gene zwar die Krankheit nicht von vorn herein verhindern. Mitunter ist es aber möglich, gezielter wirkende Medikamente zu entwickeln. Weltweit leiden etwa 70 Millionen Menschen an einer idiopathischen Epilepsie. Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von sekundenlanger Bewusstlosigkeit über Zuckungen der Arme oder Beine bis hin zu schweren Krampfanfällen
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