Gesichtstransplantation Statt Tumoren wachsen nun Barthaare

Essen, sprechen, sich rasieren - was für andere Menschen alltäglich ist, war für einen 27-Jährigen Franzosen unmöglich: Tumore überwucherten sein Gesicht. Nach einer Gesichtstransplantation hofft er nun auf ein normales Leben.

Zwei Wochen nach seiner Gesichtstransplantation hat ein früher von Tumoren überwucherter Franzose erstmals sein neues Gesicht entdeckt. In einer spontanen Reaktion umarmte der 27-Jährige glücklich seinen Arzt. "Trotz der Freude der ganzen Truppe mussten wir den Schwung unseres Patienten bremsen", sagte der Chirurg Laurent Lantieri der Zeitung "Le Parisien". "Auch wenn das Ergebnis verblüffend ist, so ist noch nichts gewonnen." Noch nach Monaten könne die Spenderhaut abgestoßen werden.

Bisher lebt und gedeiht das neue Gewebe. Als erstes wurde der Patient rasiert. Der Bart stamme vom Hautspender, sagte Lantieri. Auf seiner eigenen Haut habe der Patient keinen Bartwuchs. "Wir wissen nicht, was passieren wird. Bleiben die Haare identisch? Oder wird es eine Schimäre geben, also eine Mischung aus Zellen des Spenders und des Empfängers?"

Er kann wieder essen und sprechen

Der Franzose leidet an der Recklinghausen-Krankheit, bei der das Gesicht von gutartigen Tumoren überwuchert wird. Seit 1995 waren dem Patienten zehn Mal Wucherungen wegoperiert worden. Dennoch konnte er sich am Ende kaum noch ernähren. Am 21. Januar erhielt er in der Universitätsklinik Créteil bei Paris in einer 15-stündigen Operation ein Dreieck aus Nase, Mund, Kinn und Wangenteilen übertragen. Es war die dritte Gesichtstransplantation der Welt und die zweite in Frankreich.

Bis der Franzose seine Gesichtsmuskeln wieder bewegen kann, werden mindestens drei bis vier Monate vergehen. "Wir haben die Nerven wieder zusammengefügt, doch sie wachsen nur einen Millimeter pro Tag", sagte Lantieri. "Vom Ohr bis zu den Lippen sind es aber sieben bis acht Zentimeter." Bisher werde die neue Haut nicht abgestoßen. "Er kann essen und sprechen."

Vor Abstoßung ist man nie sicher

Als erster Mensch überhaupt hatte im November 2005 die Französin Isabelle Dinoire ein neues Gesicht übertragen bekommen. Ein Hund hatte das Gesicht der 38-Jährigen zerfleischt. Im April 2006 erhielt der chinesische Bauer Li Guoxing eine ähnliche Partie des Gesichts von einem Spender, nachdem ihn ein Bär entstellt hatte.

Dinoire gewinnt langsam die Kontrolle über die transplantierten Hautmuskeln. Das ist wichtig für Mimik, Essen und Sprechen. "Vor der Transplantation waren die Gehirnareale, die die fehlenden Teile des Gesichts kontrollieren sollten, nicht mehr aktiv", erklärten mit dem Fall befasste Forscher. "Seit der Übertragung werden diese Zonen zunehmend reaktiviert. Das zeigt, dass die Patientin sich langsam ihr Gesicht wieder aneignet, was Gefühl und Bewegung angeht." Allerdings ist auch Dinoire noch nicht über den Berg. In acht Monaten musste die Französin acht Abstoßungsreaktionen meistern. Besonders gefährdet scheint die Mundschleimhaut zu sein.

DPA
DPA

PRODUKTE & TIPPS