Wer als Kind oft draußen in der Natur spielt, ist später besser gegen Allergien gewappnet - diesen Zusammenhang vermuten Mediziner schon länger. Dahinter steckt wahrscheinlich eine Art natürliche Desensibilisierung: Die ständige Konfrontation mit Keimen lässt das Immunsystem toleranter werden. Es gewöhnt sich an harmlose Bakterien und lernt, auf andere Provokationen - wie etwa Pollen - nicht überzureagieren. Deshalb, so vermuten Forscher, haben Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, ein geringeres Risiko für Allergien und auch andere Leiden wie Asthma.
In einen Tierstall verwandeln müssen Eltern das Kinderzimmer deshalb nicht. Es geht offenbar auch einfacher: Laut einer neuen Studie kann schon ein Tierfell im Kinderbett Säuglinge davor bewahren, im späteren Kindesalter an Allergien oder Asthma zu erkranken.
An der Untersuchung nahmen 2441 deutsche Kinder teil. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen hatte in den ersten drei Monaten nach der Geburt auf Tierfellen geschlafen, die andere auf normalen Stofflaken. In den darauffolgenden zehn Jahren befragte das Forscherteam um Christina Tischer vom Helmholtz Zentrum München die Eltern der Kinder immer wieder nach deren Gesundheit. Das Erebnis: Kinder, denen die Eltern ein Fell in die Wiege gelegt hatten, waren um 79 Prozent weniger gefährdet, im Alter von sechs Jahren an Asthma zu leiden als die Stofflaken-Kinder. Später ließ die Schutzwirkung leicht nach: Mit 10 war das Erkrankungsrisiko der "Fell-Babies" noch um etwa 40 Prozent geringer als das der "Stoff-Babies". Auch Heuschnupfen kam in der Tierfell-Gruppe seltener vor.
Die Studie zeige, dass von Mikroben in Tierhäuten offenbar eine ähnliche Schutzwirkung ausgeht wie von Bauernhof-Keimen, resümierte die Wissenschaftlerin Tischer.
Schützende Bakterien in der Lunge
Zudem erhärten die Ergebnisse den Verdacht, dass der Grundstein für Allergien und Asthma schon im frühen Säuglingsalter gelegt wird. Ihre Entstehung hängt womöglich auch mit der sogenannten Lungenflora zusammen: Entgegen früherer Annahmen sind unsere Atemwege nämlich keineswegs eine keimfreie Zone, sondern ähnlich wie der Darm und die Haut von verschiedenen Bakterienstämmen besiedelt - und zwar schon wenige Tage nach der Geburt. Die Zusammensetzung dieses "Mikrobencocktails" ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Welche Bakterienart welche Wirkung auf das menschliche Immunsystem hat, ist noch kaum erforscht. Eine Untersuchung von Forschern der Universität München aus dem Jahr 2011 deutet aber daraufhin, dass womöglich mehrere Gattungen das Potenzial haben, das Asthmarisiko zu senken. Die Studienautoren schrieben damals, dass vermutlich eine Kombination verschiedener Bakterienstämme für die Schutzwirkung verantwortlich sei.