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Mangelnde Transparenz Mehrere Bundesländer veröffentlichen Gutachten zu Pflegeheimen nicht

Gutachten von Pflegeheimen werden oftmals nicht publiziert.
Bei der Suche nach einem guten Pflegeheim sind die Bundesländer häufig keine große Hilfe. Viele veröffentlichen die Gutachten zu den Einrichtungen nicht.
© Bernd Weißbrod / DPA
Die Bertelsmann Stiftung kritisiert in einer neuen Studie die Qualitätstransparenz von Pflegeheimen. In einigen Bundesländern werden Ergebnisse von Gutachten gar nicht veröffentlicht.

Auf die Suche nach einem Pflegeheim macht sich niemand gern. Doch wenn es tatsächlich nötig ist, ist das Ziel natürlich, die beste Einrichtung zu finden. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Verlässliche Bewertungen von Pflegeheimen werden nämlich teilweise nicht veröffentlicht. Das kritisiert nun die Bertelsmann Stiftung mit einer neuen Studie zur Qualitätstransparenz von Pflegeheimen. 

Pflegeheime: Mehrere Länder halten Gutachten zurück

Demnach würden in insgesamt zehn Bundesländern die Ergebnisse der Gutachten staatlicher Aufsichten nicht einfach einsehbar sein. Doch gerade diese Ergebnisse können für potenzielle Bewohner und deren Angehörigen bei der Wahl eines Pflegeheimes entscheidend sein. Autor der Studie Johannes Strotbek kritisiert: "Das betrifft auch Angaben zum tatsächlichen Personaleinsatz der Heime sowie schwerwiegende Mängel." Menschen auf der Suche nach einem Pflegeheim würden somit wesentliche Auswahlkriterien vorenthalten, so Strotbek weiter. 

Grundsätzlich werden Pflegeheime bundesweit durch zwei Instanzen kontrolliert: Zum einen untersucht der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) die Einrichtungen. Seit Anfang diesen Jahres müssen die Pflegeheime hierzu verpflichtend intern Daten zur Versorgung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner erheben. Hierzu zählt etwa, wie selbstständig und mobil die zu Pflegenden sind, wie oft sie an den Folgen von Dekubitus (Wundliegen) sowie Stürzen leiden und, wie häufig unbeabsichtigter Gewichtsverlust eintritt. 

Die ermittelten Daten müssen an die Datenauswertungsstelle (DAS) geleitet werden. Anschließend prüft die Stelle sie auf statistische Plausibilität und teilt dem Pflegeheim mit, ob es besser oder schlechter als der Durchschnitt ist. Diese Daten werden auch dem MDK weitergeleitet.

Hinzu kommen regelmäßige Besuche der Einrichtungen. Hierbei untersucht der MDK die Versorgungssituation mit Blick auf die Selbstversorgung (Essen, Trinken, Toilettengang etc.), die Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen (Medikamentengabe und Schmerzerfassung) und die Gestaltung des Soziallebens. 

Sollte diese Stichprobe zu den erhobenen Daten der Einrichtung passen, führt der MDK zusätzlich noch ein Fachgespräch mit Pflegekräften vor Ort, in dem die Ergebnisse besprochen und mögliche Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Die ermittelten Ergebnisse werden anschließend veröffentlicht und sind für jeden Nutzer im Internet einsehbar. 

Zehn Bundesländer publizieren ihre Gutachten gar nicht

So aufwendig und transparent der MDK mit seiner Prüfung vorgeht, so intransparent sind einige Bundesländer. Denn die Prüfungen, die über die individuelle Situation der Bewohnerinnen und Bewohner hinausgeht, ist Ländersache. Diese Gutachten zielen vor allem auf die Anzahl der Pflegekräfte in den jeweiligen Einrichtungen und die Pflegequalität ab, also auf die Frage, ob die Pflegekräfte ausreichend für die Bedürfnisse der Bewohner qualifiziert sind.

Dies ist insbesondere für Pflegeheime relevant, die sich spezialisiert haben, etwa auf die Versorgung von Demenzkranken. Doch nur sechs Bundesländer veröffentlichen diese Gutachten überhaupt – zehn Länder publizieren hierzu gar nicht. 

Für Menschen, die auf der Suche nach dem möglichst besten Pflegeheim sind, erschwert dies die Auswahl sehr, findet auch Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: "Das größte Problem ist es, überhaupt ausreichend Personal zu bekommen. Es fehlt sowohl an Pflege-Fachkräften, als auch an Assistenzkräften. Die Qualität der Versorgung hängt maßgeblich von der personellen Ausstattung ab", erklärt Strüder im Gespräch mit dem stern.

Gesetzgebung gleicht einem Flickenteppich

Wie die Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, gleichen die Gesetzgebungen in Deutschland einem Flickenteppich. In den Ländern Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen sind Veröffentlichungen der Gutachten gesetzlich gar nicht erst vorgesehen. In Bayern und Sachsen-Anhalt müssen die Daten laut Gesetz eigentlich öffentlich gemacht werden. Es wird aber auf Grund gerichtlicher Beschlüsse nicht umgesetzt. Ähnlich sieht es in Bremen aus. Auch hier müssten die Gutachten des Landes eigentlich veröffentlicht werden. Wegen datenschutzrechtlicher Vorbehalte wird aber auch hier das Gesetz nicht umgesetzt.

In Brandenburg ist eine Veröffentlichung nicht verpflichtend, in Schleswig-Holstein wird sie trotz gesetzlicher Vorgaben nicht umgesetzt. In Baden-Württemberg und Hessen werden die Daten immerhin von bzw. in der Einrichtung zugänglich gemacht.

Nur in den vier Bundesländern Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen sind die Daten auch ohne Besuch des jeweiligen Pflegeheimes, also online, einsehbar. Als Vorbild geht hier laut der Studie Hamburg. In der Hansestadt sind alle Daten der Gutachten für jeden Bürger als "Open Data" verfügbar.

Föderalismus erschwert den Weg zur Transparenz

Dass die Regelungen zur Veröffentlichung der Gutachten bei den Ländern liegt, erschwert einen transparenten Vergleich mehrerer Einrichtungen. Denn die Bundesländer entscheiden nicht nur, ob die Gutachten veröffentlicht werden, sondern auch welche Standards gelten. "Die Prüfungen können sechzehnfach verschieden sein, weil sie durch die Länder geregelt werden", erklärt Strüder. Insbesondere in Grenzgebieten zwischen mehreren Bundesländern kann dies zu Verwirrung führen, denn die Standards können voneinander abweichen. "Wenn die Prüfungen der Heimaufsichten veröffentlicht werden, ist dies immer nur eine landesbezogene Aussage", gibt Strüder zu bedenken.

Aber auch innerhalb eines Bundeslandes kann der Vergleich von Pflegeheimen kompliziert werden, so die Pflegeexpertin: "In Nordrhein-Westfalen sind die Behörden auf der Kreisebene angesiedelt. Das macht es dann schwieriger, Prüfungen so durchzuführen, dass sie hinterher vergleichbar sind." 

Zudem betont Studienautor Strotbek, dass Länder, die für mehr Transparenz sorgen wollen, vor "komplexen aber lösbaren" Aufgaben stünden – etwa weil Interessenvertreter der Einrichtungen der Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse zurückhaltend bis ablehnend gegenüber stünden. Zudem würde die Perspektive der Betroffenen zu wenig berücksichtigt. 

Daher fordert die Bertelsmann Stiftung, die Ländergesetze zu erneuern, um die Ergebnisse der Prüfungen zentral zu sammeln und zu veröffentlichen. Dies würde es Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen erleichtern, eine qualitativ gute Einrichtung auszuwählen. Für Strüder liegt ein Beispiel für diesen Weg auf der Hand: "Hamburg könnte man sich als Best-Practice-Beispiel anschauen. Man muss nicht für jedes Bundesland das Rad neu erfinden."

Quellen: Studie Bertelsmann Stiftung, Pflege TÜV MDK, Verbraucherzentrale

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