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Sex oder nie "Spannen" als Volkssport

Welcher Mann würde nicht gern heimlich andere beim Sex beobachten, wenn er die Chance dazu hätte? Eine kanadische Studie hat gezeigt: Grade mal 30 Prozent würden nein sagen. Aber auch Frauen sind interessierter als erwartet.
Von Ulrich Clement

Die meisten Menschen sind voyeuristisch aufgelegt - wenn sie Gelegenheit dazu haben. Die kanadischen Forscher B.J. Rye und Glenn J. Meaney befragten Männer und Frauen, ob sie anderen Menschen beim Ausziehen und beim Sex zuschauen würden, wenn sie könnten. Aber gerne! 70 Prozent der Männer würden sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Die Gefahr, dabei erwischt zu werden, mindert ihr Interesse kaum: Immer noch 60 Prozent wären dabei, selbst wenn sie ein gewisses Risiko (1:4) eingingen, dabei erwischt zu werden. Und die Frauen? Da ist die Welt auch nicht mehr wie früher: Immerhin 40 Prozent würden die voyeuristische Chance nutzen. Und 35 Prozent der Frauen gingen dafür auch das Risiko ein.

Der Experte

Prof. Dr. Ulrich Clement ist Paar- und Sexualtherapeut; Professor für medizinische Psychologie an der Universität Heidelberg; Lehr- und Forschungstätigkeit an den Universitäten Hamburg, Freiburg im Breisgau und Heidelberg.

Clement war Präsident der International Academy of Sex Research und Research Associate an der Columbia University; zusammen mit Ulrike Brandenburg leitet er das Institut für Sexualtherapie Aachen/Heidelberg. Er ist einer der führenden deutschen und international renommierten Paar- und Sexualtherapeuten.

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Das Institut für Sexualtherapie

So viele Voyeure? Der Voyeurismus gilt in der Psychiatrie als Paraphilie, als krankheitswertige sexuelle Abweichung also. Aber in der Studie wurden keine auffälligen Spanner befragt, deren Verhalten diese psychiatrische Diagnose hergibt. Etwas anderes ist interessant: Die Schaulust wird normal. Es wird schamlos hingesehen, ohne große Peinlichkeit. Das Risiko, erwischt zu werden, hat auf das Interesse der Befragten nur einen geringen Einfluss.

Männer sind eher bereit zum optischen Übergriff

Bemerkenswert ist der Geschlechtsunterschied. Die Männer sind deutlich schaulustiger als die Frauen. Männer sind eher bereit zum optischen Übergriff. Der Reiz für den männlichen Blick liege darin, die Grenzen der Privatheit zu übertreten. So die Einschätzung der Forscher. Und das Spiel mit der Möglichkeit, dabei ertappt zu werden, mache für sie einen besonderen Kick aus.

Dass die Frauen eine niedrigere Bereitschaft als die Männer aufweisen, erklären die Wissenschaftler mit ihrer größeren Empathie für die Intimität der Beobachteten. Frauen versetzten sich eher in deren Situation und seien eher als die Männer von der Vorstellung gebremst, wie es wäre, wenn sie selbst ungefragt etwa beim Sex beobachtet würden.

Ich finde, die Frauen brauchen nicht mit solchen Interpretationen geschützt zu werden. Dafür sind sie viel zu neugierig. Der Voyeurismus gehört den Männern nicht mehr allein.

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