Der für Menschen lebensbedrohliche Vogelgrippe-Erreger H5N1 gilt als das wahrscheinlichste Virus, das eine neue Pandemie auslösen könnte. Dazu müsste eine Ansteckung von Mensch zu Mensch möglich werden. Noch funktioniert die Übertragung nur unter Vögeln und vom Tier zum Menschen. Experten fürchten jedoch, dass das Virus sein Erbgut ändert, so dass die Krankheit auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden kann.
Für Deutschland rechnen Experten des Robert-Koch-Instituts für den Fall einer Grippe-Pandemie mit 180.000 bis 600.000 Krankenhauseinweisungen und bis zu 160.000 Toten. Im vergangenen Jahrhundert gab es drei solcher weltweiter Epidemien mit jeweils vielen Millionen Toten. In der Regel treten sie im Abstand von 30 bis 40 Jahren auf. Käme es zu einem weltweiten Grippeausbruch durch H5N1 oder ein anderes Influenzavirus, träte in Deutschland ein von Bund und Ländern erarbeiteter Pandemie-Plan in Kraft.
Krisenstäbe zur Koordination
Beim Bund wie auch in Ländern und Gemeinden würden Krisenstäbe und Expertenkommissionen eingesetzt. Fachpersonal und Öffentlichkeit sollen kontinuierlich informiert werden. Die Bürger werden aufgefordert, Hygieneregeln zu befolgen: sich nicht mehr die Hände zu geben, ein Anhusten und Anniesen zu vermeiden, Einmal-Taschentücher zu benutzen, Räume intensiv zu belüften, sich nach Personenkontakten gründlich die Hände zu waschen und enge Kontakte zu erkrankten Personen zu vermeiden. Kino-, Theater-, Disco-, Markt- und Kaufhausbesuche sollten vermieden werden. Gegebenenfalls wird ein dichter Mund-Nasenschutz empfohlen.
Die Entwicklung eines Impfstoffs würde umgehend in Angriff genommen, sobald der genaue Erreger bekannt ist. Laut Experten dauert es rund zwölf Wochen vom Ausbruch der Pandemie bis zur Bereitstellung von rund 80 Millionen Impfdosen in Deutschland. Allerdings müsste jeder Bürger zwei Mal geimpft werden. Bis zur Bereitstellung von zusätzlichen Impfdosen würde es weitere sechs Wochen dauern. Die erste Phase der in Wellen verlaufenden Pandemie müsste auf jeden Fall ohne Impfstoff überstanden werden.
Impfstoff erst nach einigen Wochen verfügbar
Da der Impfstoff zunächst nicht für die gesamte Bevölkerung ausreichen wird, müssen die Krisenstäbe eine Strategie festlegen. Zunächst würde das Personal im Gesundheitswesen geimpft, ebenso für die öffentliche Ordnung zuständige Berufsgruppen - etwa Polizei und Feuerwehr. Auch soll ein Personalausfall bei der Versorgung mit Nahrung, Trinkwasser, Energie sowie zur Aufrechterhaltung der Kommunikation vermieden werden. Darüber hinaus werden Risikogruppen vorrangig geimpft - ältere Bürger, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen.
Für Erkrankte können antivirale Präparate oder so genannte Neuraminidase-Hemmer (z.B. Tamiflu) helfen. Diese Mittel tragen dazu bei, dass die Krankheit weniger schlimm und damit unter Umständen nicht tödlich verläuft. Die Bundesländer sollen 20 Prozent dieser Mittel vorrätig haben. Die Verteilung würde sich im Katastrophenfall nach ähnlichen Kriterien richten wie beim Impfstoff.
Rekrutierung von Hilfspersonal
Da dennoch mit einem Ausfall medizinischer Fachkräfte zu rechnen ist, sind auch Maßnahmen zur Rekrutierung von zusätzlichem Personal vorgesehen. Dazu gehören Medizinstudenten im letzten Ausbildungsabschnitt, geschulte Krankenpflegeschüler, Ärzte und Pflegekräfte im Ruhestand. Die Produktion und Bevorratung mit Medikamenten wird vorangetrieben.
Das Infektionsschutzgesetz ermöglicht zudem das Verbot von Veranstaltungen oder Ansammlungen einer größeren Zahl von Menschen sowie die Quarantäne von Kranken oder Ansteckungsverdächtigen. Auch eine Schließung von Kindergärten und Schulen könnte angeordnet werden, ebenso wie eine Kontrolle Reisender etwa durch Temperaturmessungen.