Mit dem Zug von Berlin nach Kopenhagen in vier statt sieben Stunden, von München nach Rom in sechs statt neuneinhalb Stunden: Mit einem neuen Aktionsplan für den Hochgeschwindigkeitsverkehr will die Europäische Kommission Bahnreisen durch Europa bis spätestens 2040 deutlich schneller, einfacher und attraktiver machen. Kann das trotz des derzeit noch maroden Bahnnetzes in Ländern wie Deutschland klappen?
Fragen und Antworten im Überblick:
Warum genau plant die EU-Kommission?
Die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen sieht schnelle Zugverbindungen als zentrale Säule des klimafreundlichen Verkehrs in Europa. Jeder Fahrgast, der künftig statt ins Flugzeug in den Zug steigt, spart Kohlenstoffdioxid ein. Schnellere und komfortablere Bahnverbindungen sollen Kurzstreckenflüge überflüssig machen und lange Fahrten mit dem Auto reduzieren. Der zuständige EU-Kommissar Apostolos Tzitzikostas sagt: "Besser vernetzte Bahnstrecken und klimafreundliche Kraftstoffe macht Europas Verkehrssystem sauberer, widerstandsfähiger und erschwinglicher."
Welche Verbindungen sollen besser werden?
Die EU-Kommission nennt in ihrem Plan etliche Beispiele dafür, wie stark sich die Fahrzeiten verkürzen könnten. Darunter sind etwa folgende Verbindungen:
- Berlin – Kopenhagen: 4 statt 7 Stunden
- Berlin – Wien (über Prag): 4,5 statt mehr als 8 Stunden
- München – Rom: 6 statt 9,5 Stunden
- Madrid – Lissabon: 3 statt 9 Stunden
- Sofia – Athen: 6 statt 14 Stunden
- Tallin-Riga: 1 Stunde 45 Min. statt 6 Stunden
Bis 2030 sollten zudem alle großen EU-Flughäfen, die mehr als zwölf Millionen Fluggäste abfertigen, an den Fern- oder Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr angeschlossen sein.
Die Kommission will außerdem dafür sorgen, dass Tickets für internationale Bahnreisen leichter buchbar werden. Ab 2026 soll es eine neue EU-Verordnung leichter machen, grenzüberschreitende Fahrkarten unterschiedlicher Anbieter auf einer Plattform zu kaufen – ähnlich wie bei Flugbuchungen. Auch die Fahrgastrechte, die zum Beispiel bei Verspätungen einen Anspruch auf Entschädigung garantieren, könnten gestärkt werden.
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Werden Bahnreisen günstiger?
In Ländern wie Spanien und Italien hat die Öffnung des Marktes für neue Anbieter nach Angaben der Kommission bereits zu stark gesunkenen Ticketpreisen und einem Anstieg der Passagierzahlen geführt. Genau das soll nun auch für andere Länder erreicht werden. Mehr Wettbewerb und faire Marktbedingungen sollen Bahntickets erschwinglicher machen. Die EU will Barrieren für neue Anbieter abbauen – etwa beim Zugang zu Bahnhöfen, Wartungsdepots oder Buchungssystemen – und dafür sorgen, dass Trassennutzungsgebühren auf einem wettbewerbsfähigen Niveau bleiben.
Was wird das Projekt kosten und woher soll das Geld kommen?
Der Aufbau des europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes ist ein Jahrhundertprojekt. Bis 2040 rechnet die Kommission mit Kosten von rund 345 Milliarden Euro, bis 2050 könnten es sogar bis zu 546 Milliarden Euro werden, wenn Reisegeschwindigkeiten von mehr als 250 km/h angepeilt werden. Neben privaten Investitionen und öffentlichen Mitteln aus den Mitgliedstaaten sollen deswegen auch EU-Fördermittel mobilisiert werden. Zudem könnte es Kredite und Garantien von Finanzinstitutionen wie der Europäischen Investitionsbank (EIB) und nationalen Förderinstitutionen geben.
Gibt es bereits Vorbilder für den Umbau?
Nach EU-Angaben wurden bereits in der Vergangenheit erfolgreich Bahnprojekte aus Brüssel unterstützt. In Italien wurde etwa der Ausbau der Strecke Palermo–Catania durch EU-Garantien abgesichert, in Portugal wurde das Projekt Lissabon–Porto durch eine Kombination aus EU-Zuschüssen und EIB-Darlehen ermöglicht.
Was hält die Deutsche Bahn von dem Brüsseler Plan?
Die DB bezeichnet ihn als entscheidend für ein weiteres Wachstum des internationalen Fernverkehrs. Konkret werden dabei insbesondere der weitere Ausbau der Hochgeschwindigkeitsinfrastruktur und deren Finanzierung, harmonisierte Vorschriften für den grenzüberschreitenden Bahnbetrieb und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsmittel genannt.