Jeder Mensch ist auf seine eigene Art schön, für Schönheit gibt es ebenso wenig objektive Maßstäbe wie für Kunst: Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Für die Modeindustrie gelten jedoch eigene Kriterien, von der Körpergröße über die Figur bis zum Gesicht. Lange Beine, ein eleganter Knochenbau, makellose Zähne, ausdrucksstarke Augen waren die Voraussetzungen, als Naomi Campbell vor mehr als 30 Jahren angefangen hat, das Modeln zu ihrem Beruf zu machen. Sie wurde ein Supermodel und ist heute ein Superstar. Im Mai wurde sie 50 und doch bleibt sie alterslos wie ein Kunstwerk. Als Naomi zu modeln begann, überzeugte ihre Schönheit allerdings nicht jeden: Damals war das im Modebusiness für einige Designer ein Ausschlusskriterium, ein schwarzes Model zu buchen.
Fashion-Stylist Karl Templer: "Niemand ist wie Naomi ... sie ist eine Ikone, ein Star, ein Vorbild – ihre Schönheit, Grazie, ihr Humor und ihre unglaublich einzigartige Energie heben alles auf ein höheres Level"

Im Alter von 15 Jahren hatte die in London aufgewachsene Britin ihr erstes Shooting in den USA. Für die britische Ausgabe der "Elle" musste die Schülerin zuerst nach New Orleans, ausgerechnet in die in puncto Hautfarbe reaktionären Südstaaten. Anschließend ging es weiter durch Louisiana, Mississippi und Alabama. "Ich war jedes Mal traurig, wenn ein Tag zu Ende ging. Ich wollte weiterarbeiten. Ich war erst 15 Jahre alt, voller Energie und glücklich, in Amerika zu sein", erinnert sich Naomi an ihre Anfangstage zurück. Der dicke Bildband "Naomi" erscheint in einem Karton mit einem zweiten Buch: einer Biografie, die Naomi Campbell gemeinsam mit Josh Baker und dem in London lebenden Journalisten Ajesh Patalay verfasste.

Der Textband gewährt nicht nur einen bewegenden Einblick in das Leben eines Supermodels, sondern erzählt auch intime Details über Freundschaft und Zusammenhalt zum Beispiel schon ganz früh mit Christy Turlington und Linda Evangelista. "Für bestimmte Shows wurde ich wegen meiner Hautfarbe nicht gebucht", erzählt Naomi. "Warum auch immer verwendeten diese Designer einfach keine schwarzen Mädchen; ich ließ mich dadurch nicht verunsichern. [...] Doch ich hatte das Glück, dass Linda und Christy sich für mich einsetzten. Sie sagten bestimmten Designern, wenn sie sie in der Show haben wollten – was der Fall war – müssten sie mich auch buchen. Diese Art der Unterstützung war unglaublich."
Nicht nur ihre Kolleginnen halfen der Anfängerin im Teenageralter weiter. Fotografen und Designer schlossen Freundschaften fürs Leben mit ihr. Naomi Campbell durch ihre Vergangenheit zu begleiten, ist eine extrem spannende Lektüre, nicht nur für Modefreaks – für die allerdings finden sich im Anhang noch eine Liste mit Minibiografien von Fotografen sowie fast 100 Seiten mit Covern und Kampagnen des Superstars. In dem gigantischen Bildband war dafür wohl kein Platz mehr.