Für gewöhnlich müssen kreative Menschen in allen Sparten der Kunst lange warten und sehr alt werden, bevor sie einen Preis für ihr Gesamtschaffen in Empfang nehmen können. Nicht so Mirjam Pressler: Gerade einmal Anfang 60 ist die Schriftstellerin und Übersetzerin. Am 25. März wird ihr bei der Leipziger Buchmesse der Deutsche Bücherpreis 2004 - der von Günter Grass geschaffene Bücher-Butt - für ihr Lebenswerk verliehen.
Auch ihr schien diese Ehrung wohl verfrüht, wie anders ist sonst ihre Frage zu verstehen, die sie im Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ stellte: „Wollen die, dass ich nichts mehr tue?“
Die - der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Leipziger Messe - haben wohl nichts dergleichen im Sinn gehabt, als sie Pressler für die Ehrung auswählten. Und es ist auch nicht der erste Bücher-Butt, den sie in Empfang nehmen darf: Bereits 2002 angelte sie sich einen der Bronze-Fische für ihr Kinderbuch „Malka Mai“. Nun also ist es ihr bisheriges Gesamtwerk, für das sie geehrt wird.
Als Autorin lebt sie von ihrer Biografie
Pressler selbst hat über sich gesagt, dass sie als Autorin von ihren Erfahrungen, ihrer Biografie lebe. „Wie ich schreibe, muss stimmen, muss meiner Realität, meiner sozialen Wirklichkeit entsprechen.“ Erstmals tat sie das mit ihrem Roman „Bitterschokolade“, der 1980 erschien und ihr sofort eine Auszeichnung, den Oldenburger Jugendbuchpreis, einbrachte.
Schnell folgten weitere Veröffentlichungen, mit denen sie sich an Kinder und Jugendliche richtete, so etwa „Stolperschritte“, „Goethe in der Kiste“ oder „Novemberkatzen“. 1995 erhielt sie den Deutschen Jugendliteraturpreis und den Zürcher Kinderbuchpreis für „Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen“. Fast zu zahlreich, als das sie aufgezählt werden könnten, die Ehrungen, die Pressler zuteil wurden: Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises 1995, das Bundesverdienstkreuz 1998, die Carl-Zuckmayer-Medaille, den Kinderbuch-Akademie-Preis und den Kinder- und Jugendbuchpreis „Luchs“ (alle 2001), um nur einige zu nennen.
Schaffensreiche Übersetzerin
Doch nicht nur mit eigenen Werken trat Pressler an die Öffentlichkeit, überaus umfangreich auch ihr übersetzerisches Schaffen. Mehr als 100 Bücher hat sie übersetzt, in erster Linie aus dem Niederländischen und dem Hebräischen. Darunter auch eines, das zu den wichtigsten Werken der Weltliteratur gehören dürfte: „Das Tagebuch der Anne Frank“ übertrug sie Anfang der 90er Jahre in eine neue deutsche Leseausgabe.
Wie sie selbst 1994 sagte, für sie auch deshalb von Bedeutung, weil ihr neben der Parteilichkeit für Kinder und Jugendliche das Eintreten für die Rechte der Frauen und der Kampf gegen den Faschismus besonders wichtig sind.
Selbst keine einfache Kindheit gehabt
Auch ihr eigenes Leben verlief nicht ohne Brüche. “1940 wurde ich als uneheliches Kind in Deutschland geboren, wuchs bei Pflegeeltern im Oma- und Opa-Alter auf, die selbst zur sozialen Unterschicht gehörten“, schrieb Pressler 1987 in „Welt des Kindes“.
Aus der Unterschicht kommend schaffte sie jedoch den Sprung an die Akademie für Bildende Künste. Immer wieder reiste sie nach Israel, wo sie sich auch längere Zeit aufhielt. Sie ist geschieden, ihre drei fast erwachsenen Töchter hat sie allein großgezogen, wie sie sagt.