Ein Regionalblättchen, das nur sieben Reporter beschäftigt, und ein bisher kaum beachteter Debütroman sind die Überraschungsgewinner der diesjährigen Pulitzer-Preise. In der Redaktion des "Bristol Herald Courier" reichten zwei Flaschen Sekt, um den höchsten Pulitzer-Preis für herausragenden "Dienst an der Öffentlichkeit" zu feiern. Die Zeitung mit rund 30 000 Lesern im Südwesten des US-Bundesstaates Virginia hatte aufgedeckt, dass Energieunternehmen in der Region Grundstückseigentümern das Geld für Bohrungen nach Gas auf ihrem Land vorenthielten.
Die Pulitzer-Stiftung in New York sprach dem "Bristol Herald Courier" am Montagabend ihre Goldmedaille für 2010 zu. Das Buch "Tinkers" des Neulings Paul Harding gewann die Auszeichnung in der Kategorie Romane. Die "New York Times" gestand am Dienstag ein, dass ihr "Tinkers" entgangen war. "Ab und zu passiert es uns, dass wir ein gutes Buch komplett übersehen", schrieb die Zeitung zur Entschuldigung. Die Juroren würdigten den Roman als eine "kraftvolle Feier auf das Leben".
Die Pulitzer-Preise sind die höchsten Medienpreise in den USA und zählen zu den wichtigsten Auszeichnungen für Schriftsteller, Dichter und Komponisten. Sie werden in 21 Kategorien vergeben und sind mit jeweils 10 000 Dollar (knapp 7400 Euro) dotiert.
Ein Literaturpreis geht auch an Liaquat Ahamed für sein Buch "Lords of Finance" ("Herren des Geldes"). Es verdeutlicht, wie vier Bankiers die Weltwirtschaftskrise von 1929 auslösen konnten. Ahamed war Investmentbanker und arbeitete unter anderem für die Weltbank, bevor er sich an die Porträts von vier Bankiers der 1920er Jahre machte. Die vier, unter ihnen der "arrogante und brillante Hjalmar Schacht von der Reichsbank", hätten als Köpfe der Zentralbanken der USA, Großbritanniens, Frankreichs und eben Deutschlands die Geschichte des ganzen 20. Jahrhunderts geprägt.
Als beste Biografie kam das Buch "Der erste Tycoon" zu Ehren. Darin beschreibt T.J Stiles das monumentale Leben des amerikanischen Industriellen Cornelius Vanderbilt, der sich als "Eisenbahn-König" einen Namen schuf. "The Dead Hand" war nach Meinung der Jury das beste Sachbuch. Darin erklärt David E. Hoffman die Mechanismen des Kalten Krieges. Der Lyrikpreis ging an "Versed" von Rae Armantrout, "ein Buch, bestechend durch seinen Witz und seine sprachliche Innovation".
Der Komponist Tom Kitt und der Texter Brian Yorkey gewannen in der Drama-Sparte mit dem Rock-Musical "Next to Normal", "das mit dem Thema Geisteskrankheit in einer Vorstadtfamilie die Grenzen des Musicals neu definiert". Der Country-Sänger und Songwriter Hank Williams wurde posthum mit einem Sonderpreis geehrt.
Die "Washington Post" setzte sich in vier Sparten durch, darunter mit einer Artikelserie ihres Auslandskorrespondenten Anthony Shadid über den Irak und einem erschütternden Feuilleton-Bericht über den Tod von Kindern, die von ihren Eltern im Auto vergessen wurden. Gewürdigt wurden auch die Kommentare und Kunstkritiken der "Post". Die "New York Times", die 2009 noch fünf Pulitzer-Preise abgesahnt hatte, musste sich mit drei Ehrungen zufriedengeben.
Der Preis für Enthüllungsjournalismus ging zu gleichen Teilen an das gemeinnützige Online-Organ ProPublica und das Wochenendmagazin der "New York Times". Beide hatte eine Chronik zu den schweren Entscheidungen von Krankenhausärzten in einem von Hurrikan "Katrina" besonders schwer getroffenen Stadtteil von New Orleans veröffentlicht. Weitere Zuschläge bekam das New Yorker Blatt für seine Warnung vor verseuchten Lebensmitteln und der Nutzung von Mobiltelefonen im Verkehr.