Zukunft der Buchverlage Warum Musikkäufer anders als Buchkäufer sind

Manch einer mag das iPad als Revolution für die Verlage sehen. Doch Tom Kraushaar, Geschäftsführer von Klett-Cotta, sieht der Einführung elektronischer Lesegeräte gelassen entgegen. Der Buchmarkt mache nicht dieselben Fehler wie die Musikindustrie.

Herr Kraushaar, freuen Sie sich auf das iPad?
Ich persönlich freue mich. Ich mag keine technischen Geräte. Das iPad könnte den Laptop als lästige Hardware ersetzen, die man mit nach Hause nimmt. Dann hat man im Büro den PC und für zuhause das iPad. Das kann ähnlich wie der E-Reader hilfreich für unsere Arbeit sein. Ich freue mich also nicht, weil ich besonders technikaffin bin, sondern im Gegenteil, weil ich die ganze Hardware in meinen Räumen nicht mag.

Und was erhoffen Sie sich vom iPad für Ihren Verlag?


Nach meinen Informationen wird das iPad einen konventionellen, hintergrundbeleuchteten Bildschirm haben. Das disqualifiziert das iPad als Buchlesegerät und Buchersatz. Vor allem, wenn es um längere Lesetexte wie Romane oder erzählte Sachbücher geht. Trotzdem ist bei uns der Anteil der Bücher, die wir über die Textunes-Application fürs iPhone bereitstellen, sehr hoch. Unser komplettes Tropen-Programm gibt es als Textunes-Application fürs iPhone. Aber nicht etwa, weil wir glauben, damit einen Ersatz für das Buch zu schaffen. Sondern weil es für uns eine attraktive Marketing-Maßnahme darstellt.

Als Buchersatz fürchten sie das iPad nicht?


Jeder, der schon mal länger am Bildschirm gelesen hat, weiß, dass das auf die Dauer anstrengend und nervig ist. Das wird bei dem iPad genau wie beim Computer sein. Deswegen habe ich keine großen Sorgen, dass uns das iPad bei den Büchern, die wir als Publikums Verlag machen, nämlich Romane und Sachbücher, bedroht. Noch ist es für uns ein Feld, von dem wir uns eine Revolution des Buchhandels versprechen.

Also fürchten Sie nicht, dass die Buchverlage dasselbe Schicksal erleiden wie die Musikindustrie?
Das hängt sehr von den Verlagen ab. Schon vor fünf Jahren sind Verlage eingegangen, weil die Produkte nicht mehr funktioniert haben. Lexika-Verlage zum Beispiel. Es liegt auf der Hand, dass man zwischen den Buchtypen stark differenzieren muss. Wir glauben, dass wir als literarischer Publikumsverlag in einem Bereich des Buchhandels sind, wo das gedruckte Buch das Hauptmedium bleiben wird. Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht engagieren. Genau darin besteht unsere Unbefangenheit, mit der wir damit arbeiten können. Wenn das nicht so wäre, wäre das iPad eine große Bedrohung. Weil die Wertschöpfungsmöglichkeiten bei den digitalen Verwertungsformen wesentlich geringer sind.

Aus all dem höre ich, dass Sie vom iPad nicht die große Revolution für das Verlagsgeschäft erwarten.


Das iPad wird eine Stufe in einer Entwicklung sein, die den ganzen Buchhandel und das Verlagswesen bis hin zur Produktion von Texten verändern wird. Aber eine Revolution wäre etwas anderes. Dazu wird es oft stilisiert, in all den Ankündigungen und dem begleitenden Feuilletontrubel. Aber das ist es nicht. Es ist ein weiterer Schritt, der uns zu neuen Lesegewohnheiten führen wird. Aber es wird sicher nicht so wie in der Musikindustrie kommen.

Warum nicht?


Das liegt an der Hardware Buch im Verhältnis zur Hardware CD. Der Übergang von Platte zur CD hin zur MP3 war fließend. Da ist das Buch noch einmal etwas anderes. Dann hat es sicher auch etwas mit den Buchkäufern zu tun. Buchkäufer sind etwas anderes als Musikkäufer. Ich glaube, da gibt es viele graduelle Unterschiede, die am Ende zu einem anderen Prinzip führen. Das macht mir keine große Angst.

Besteht die Gefahr, dass Apple Verlage überflüssig machen wird?


Glaube ich nicht. In der Musikindustrie gibt es ja auch noch Labels. Große und kleine. Klar könnte Apple einen Verlag gründen. Aber das glaube ich nicht. Ich glaube nicht einmal, dass die meisten Bücher, die wir machen, für Apple überhaupt relevant sind.

Interview: Stephan Maus