Am 6. Juli startet in deutschen Kinos der diesjährige Gewinnerfilm der Berlinale, "Esmas Geheimnis". Er beschreibt das Leben einer bosnischen Mutter, die ihre 13-jährige Tochter alleine aufziehen muss und noch immer mit ihren Erinnerungen aus der Kriegszeit kämpft. Die Gynäkologin Monika Hauser gründete 1993 ein Frauentherapiezentrum in Zentralbosnien, das bis heute Frauen betreut, die damals Massenvergewaltigungen überlebt haben. Eine Psychologin des Zentrums stand der Regisseurin Jasmila Zbanic als Fachberaterin zur Seite.
Frau Dr. Hauser, wie realistisch zeichnet der Film die Situation von kriegstraumatisierten Frauen im heutigen Bosnien-Herzegovina nach?
Leider ist er sehr realistisch. Viele Frauen leben in großer Armut. Die meisten erhalten bis heute keine finanzielle Unterstützung, sie sind als Opfer überhaupt nicht anerkannt und leben ausgegrenzt am Rande der Gesellschaft. Da hat sich wenig geändert.
"Esmas Geheimnis"
Das Sarajevo spielendes Drama über die zwölfjährige Sara (Luna Mijovic) und deren Konflikt mit der Mutter Esma (Mirjana Karanovic) zeigt, wie frisch seelische Wunden auch viele Jahre nach dem Krieg noch sind. Sara lebt in dem Glauben, ihr Vater sei als Kriegsheld gestorben. Doch als sie das in der Schule beweisen soll, bekommt sie von ihrer Mutter ausweichende Angaben. Sara stellt beharrlich weiter Fragen, bis aus Esma die Wahrheit herausbricht: Sara kam infolge einer Vergewaltigung zu Welt. Zbanic schildert subtil und einfühlsam, wie Esma in kleinen Schritten mit Hilfe von Sara versucht, ihr Gerüst aus Lüge und Verdrängung abzubauen, das ihr als Selbstschutz gedient hat. Auf der diesjährigen Berlinale gewann "Esmas Geheimnis" den Goldenen Bären als bester Film.
Was kann ein Film wie "Esmas Geheimnis" da bewirken?
Er macht diese Frauen und ihr Schicksal wieder sichtbar. Den Film haben in Bosnien bereits über hunderttausend Menschen gesehen, das ist eine große Chance. Das Parlament will jetzt endlich ein Gesetz verabschieden, das den Vergewaltigungsopfern medizinische und finanzielle Hilfe zusichert. Und für Deutschland hoffen wir, dass der Film diese Probleme in Erinnerung ruft. Denn obwohl immer noch hunderte Frauen auf psychologische Hilfe warten, bekommen wir immer weniger Spenden, um unsere Arbeit fortzuführen.
"Medica mondiale" hilft inzwischen traumatisierten Frauen in acht Ländern, darunter auch im Kongo. Wie ist dort die Situation?
In unserem Projekt in Süd-Kivu im Osten des Landes ist es sehr schwer zu arbeiten. Daran wird auch die Entsendung der Bundeswehr-Truppen nichts ändern. Gerade melden unsere Mitarbeiterinnen vor Ort, dass in einer neuen Gewaltwelle bereits traumatisierte Frauen erneut vergewaltigt werden. Um da zu helfen, braucht es eine langfristige Trauma-Arbeit. Aber dazu geraten diese Konflikte viel zu schnell in Vergessenheit.
Interview: Cornelia Fuchs
Am 2. Juli veranstalten viele Kinos zugunsten von "medica mondiale" Previews (www.medicamondiale.de). Die Organisation leitet Spenden direkt an das Therapiezentrum "Medica Zenica" in Bosnien weiter:
Spenden-Konto 45 000 163, SPK Bonn, BLZ 380 500 00, Stichwort "Esma".