Dass sich zwei Jugendliche verlieben, ist nichts Ungewöhnliches. Daraus einen Film zu drehen, ist weder neu noch besonders originell. Um damit bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes eingeladen zu werden, bedarf es jedoch eines gewissen Talents, das man Regisseur Gus van Sant nicht absprechen kann. "Restless" handelt von der Liebesgeschichte zwischen der sterbenskranken Annabel und dem suizidgefährdeten Enoch. Doch statt einem Drama zeichnet der US-Regisseur ("Milk", "Good Will Hunting") eine lebensbejahende, skurrile und fast schon märchenhafte Love-Story: schön, traurig und abstrakt.
Enoch - gespielt von Dennis Hoppers Sohn Henry Hopper - hat seinen Vater und seine Mutter bei einem Autounfall verloren, bei dem er selber beinahe ums Leben gekommen wäre. Er lag im Koma, als seine Eltern beerdigt wurden und konnte sich nicht von ihnen verabschieden. Seitdem hat er eine morbide Freizeitbeschäftigung: Er geht zu Beerdigungen und treibt sich auf Friedhöfen herum. Dabei lernt er Annabel kennen, die unheilbar an Krebs erkrankt ist. Zwischen beiden entsteht allmählich eine behutsame und zarte Liebesgeschichte.
Obwohl Annabel (neuer Star in Hollywood: Mia Wasikowska aus "Alice im Wunderland") nur noch drei Monaten zu leben hat, ist sie eine lebenslustige junge Frau. Sie interessiert sich leidenschaftlich für Ornithologie und liebt das Leben. Das genaue Gegenteil von Enoch, der Schulabbrecher ist, depressiv und dem Leben abgewandt.
Gelungenes Debut
Bis dahin ist der Film über Liebe und Tod noch recht klassisch. Erst die rätselhaften und skurrilen Geschichten in der Geschichte machen "Restless" interessant. Da ist Enochs imaginärer Freund. Hiroshi, der stets Uniform trägt, ist als Kamikaze-Pilot im Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen. Er ist Enochs einziger Vertrauter, mit dem er "Schiffe versenken spielt" und Steine auf vorbeifahrende Güterzüge wirft.
Die Geschichte scheint nicht im 21. Jahrhundert zu spielen. Enoch und Annabel kleiden sich unzeitgemäß, sie schicken sich keine SMS, keine Emails, sondern schreiben sich Briefe. Sie wirken wie aus einer anderen, fast schon märchenhaften Welt. Dadurch gewinnt der Film an Distanz.
"Restless" wird vor allem von dem Spiel der Hauptdarsteller getragen: Mia Wasikowska in der Rolle der optimistischen und sanften Annabel und Henry Hopper, dem als fragiler Enoch ein viel versprechendes Debüt in einer Filmhauptrolle gelingt.