Morgan Spurlock "Ich krieg das Zeug nicht mehr runter"

Seit die Doku-Comedy "Super Size Me" in den amerikanischen Kinos läuft, ist McDonald's dort in aller Munde. Jetzt kommt der Film von Regisseur Morgan Spurlock auch nach Deutschland.

Mit Morgan Spurlock sprach Frank Schliedermann

Mr. Spurlock, Sie scheinen wieder gut in Form zu sein. Waren Sie nach den Dreharbeiten noch einmal bei McDonald's?

Mir läuft noch immer das Wasser im Mund zusammen, wenn ich einen Big Mac sehe. Das muss eine Art pawlowscher Reflex sein. Aber ich kriege das Zeug nicht mehr runter. Selbst wenn ich es wollte.

War das Ihre Absicht, Ekel zu erregen?

Ich wollte vor allem einen unterhaltsamen Film machen. Aber wenn Leute aus dem Film kommen und über ihre Essgewohnheiten nachdenken, dann ist das eine gute Sache.

Sie bezeichnen die USA unter anderem als "fetteste Nation der Welt". Amerikaner sind nicht gerade bekannt dafür, gut über sich selbst lachen zu können. Wie erklären Sie sich den Erfolg Ihres Films in den USA?

Es geht um eine sehr ernste Sache, die uns alle betrifft. Übergewicht ist eines der größten gesundheitlichen Probleme in unserem Land. Wir machen darauf aufmerksam, aber in einer nicht immer ernsten Art und Weise. Die Leute lachen ja nicht über sich selbst. Ich bin die Lachnummer. Später, wenn sie darüber nachdenken, erkennen sie vielleicht, dass ich nur ihren eigenen Lebensstil repräsentiere.

Der Vergleich zu Michael Moore liegt nahe. Ist das vielleicht ein neues Filmgenre? Ein Typ mit einer Kamera auf der Schulter mischt eine Industrielobby auf? Mit Witz als Waffe?

Humor ist schon immer eine effiziente Art gewesen, um auf ein ernstes Problem aufmerksam zu machen. Humor macht den Menschen keine Vorwürfe, macht ihnen keine Angst. "Ihr müsst euch anders ernähren", das ist eine schwierige Botschaft. Mit Humor kann man das sagen, ohne gleich wie ein Prediger dazustehen.

Besteht nicht die Gefahr, dass so ein Genre bald missbraucht wird, sagen wir, um einen Konkurrenten mit Schmutz zu bewerfen?

Sie meinen, sponsored by Burger King? Die Gefahr besteht durchaus. Es ist heutzutage schwieriger geworden, die Wahrheit zu erfahren. In der Werbung, im Fernsehen, selbst in den Nachrichten sehen wir x-Mal gefilterte Wahrheiten. Hier ist der Mensch gefordert, dem entgegenzufiltern.

Kann er denn auch etwas verändern?

Eigentlich ist es ganz einfach: Jeder Kauf ist eine Abstimmung. Mit jedem Dollar, den wir ausgeben, sagen wir, das ist gut für mich, das will ich auch in Zukunft haben. Theoretisch ist das eine große Macht.

Theoretisch?

In der Praxis richtet McDonald's seine Werbung hauptsächlich an Kinder, die noch nicht in gesund und ungesund unterscheiden. Dagegen hat die Erziehung keine Chance. Meine Eltern, zum Beispiel, hatten keine 1,2 Milliarden Dollar jährlich zur Verfügung, um mir einzutrichtern, was gut für mich ist und was nicht.

Fordern sie schärfere Gesetze?

Warum nicht? In Skandinavien z.B. ist Werbung für Kinder während der Primetime verboten. Noch wichtiger ist aber gesunde Ernährung und Aufklärung in der Schule. Doch hier werden laufend die Budgets gekürzt. Da haben es große Konzerne wie McDonald's oder Coca Cola natürlich leicht, wenn sie den Schulen anbieten, deren Kantinen mit ihren Produkten preisgünstig zu versorgen und ihnen obendrein ein neues Football-Stadion spendieren.

Gab es aus dem Schulsystem bereits Reaktionen auf ihren Film?

Leider noch nicht. Neulich rief mich jemand an und versuchte mir zu erklären, dass es alles gar nicht so schlimm sei und die Ernährung in den Schulen viel besser sei, als von mir dargestellt. Nichts als Gerede. Ich hoffe wirklich, dass der Film vor allem Eltern aufrüttelt, mal genauer hinzusehen, was ihre Kinder in der Schule zu essen bekommen und was nicht.

McDonald's hat ja bereits auf ihre Vorwürfe reagiert und in Amerika die Super-Size-Option von der Karte gestrichen...

...ja, seit kurzem gibt es auch ein Ronald McDonald Fitnessvideo.

Wenn Sie für McDonald's eine Kampagne gegen ihren eigenen Film machen müssten, was würden sie tun?

Als erstes würde ich verkünden, dass McDonald's von diesem Tage an keine Werbung mehr macht, die sich an Kinder richtet. Nur eine solche positive Reaktion auf den Film kann das Ansehen von McDonald's retten. Stattdessen verschwenden sie Millionen, um mich als einen Lügner hinzustellen. Das ist das Idiotischste, was sie machen konnten.

Im Abspann ist zu lesen, dass Sie bereits nach acht Wochen aufgegeben haben, sich vegetarisch zu ernähren.

Ja. Meine Freundin hatte mich nach den Dreharbeiten auf eine Entgiftungsdiät gesetzt. Nach acht Wochen hatte ich mein normales Gewicht wieder. Danach hatte ich richtig Heißhunger auf ein ordentliches Stück Fleisch. Ich liebe Burger, sie müssen nur richtig zubereitet sein.

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